: Siege Marke Rossi & Speedy
Für die Tischtennis-Weltmeister Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner war der 4:2-Europaliga-Halbfinalerfolg über Frankreich von sekundärer Bedeutung ■ Aus Karlsruhe Peter Unfried
Als der letzte Punkt gemacht war, sprang Teamcoach Zlatko Cordas auf, reckte die Fäuste in die Höhe und umarmte den neben ihm stehenden Jörg Roßkopf, herzte auch den Matchwinner Peter Franz, und dreieinhalbtausend Zuschauer in der Europahalle waren aus dem Häuschen. Schließlich bedeutete der 4:3-Rückspielerfolg über Frankreich nach dem 3:4 von Toitiers für den Titelverteidiger den erneuten Einzug ins Finale der Europaliga.
Ein ganz großer Erfolg? Die Protagonisten feierten nicht so überschwenglich. Bei Jörg Roßkopf, Steffen Fetzner und Peter Franz tat's auch ein simpler Händedruck. Man freute sich zum einen, weil man nach mancher Niederlage in den letzten Monaten gezeigt hatte, „daß wir gut spielen können“ (Roßkopf), zum anderen war man bereits nach dem letzten Ball mit den Gedanken beim nächsten.
Seit es im und mit Tischtennis Geld zu verdienen gibt, hecheln die Besten von einem sogenannten Höhepunkt zum anderen. „Es wird mehr“, sagt Steffen Fetzner, „weil halt Geld ins Spiel kommt. Aber das wollen wir ja.“ Am Mittwoch morgen ist der Troß mit Coach Cordas und Cheftrainerin Eva Jeler zu den englischen Meisterschaften abgeflogen, danach kommt der im Vorjahr nach Tennisvorbild aus dem Boden gestampfte „European Nation Cup“ in München, dann die Olympia-Qualifikation und im April die Europameisterschaften in Stuttgart.
Muß da nicht die Europaliga, in der es nur um die Ehre, die gute alte, geht, nebenherlaufen? Man müsse sich schon Gedanken machen, was im Vordergrund stehe, sagt Jörg Roßkopf und gurgelt mit Mineralwasser. Europameister und Olympiasieger werde schließlich der, der sich die Saison am besten einteilen könne, am Schluß die meisten Kraftreserven habe.
Wobei für Roßkopf und Fetzner, die Idealisten, eine Medaille bei Olympia alles überstrahlen würde. Für Fetzner gar „höher zu bewerten“ als die 1989 in Dortmund errungene Doppel-Weltmeisterschaft. Das paßt Hans Wilhelm Gäb natürlich nicht so recht in den Kram. Der Präsident des DTTB setzt in seinem Bestreben, dem Tischtennis in Deutschland den endgültigen Durchbruch zum publikumswirksamen und medienintensiven Megasport zu bescheren, auf die EM in der Schleyer-Halle. Was in Dortmund mit den Helden Roßkopf und Fetzner begann, soll im April in gleicher Besetzung wieder aufgeführt werden. Doch das gelingt nur, wenn die Düsseldorfer mitspielen.
Daß die beiden mittlerweile ein Markenprodukt sind, vom Tischtennis-Bund auch als solche vermarktet und von der Öffentlichkeit geschätzt, wurde in Karlsruhe deutlich. Taufnamen werden geflissentlich vermieden, die beiden firmieren nur unter „Rossi & Speedy“. Wobei „Rossi“ die schwierigere Aufgabe zufiel, denn der Weltranglisten- Neunte mußte auch im Einzel punkten, was er in der Schlüsselpartie gegen den französischen Weltranglisten-Sechsten Jean-Philippe Gatien auch eindrucksvoll tat (21:18, 21:21). „Auf Rossi ist Verlaß“, jubelte gar der Hallensprecher, und die bereits „la-ola“-geschädigte Menge jauchzte bereitwillig ein „Rossi, Rossi“ mit.
Doch da nun der ganze Tischtennis-Bund seinen Aufschwung auf EM-Medaillen der beiden baut, lastet natürlich auch Druck auf den ehemals Unzertrennlichen, die mittlerweile privat eher in unterschiedlichen Richtungen unterwegs sind. Für den als Frohnatur bekannten Fetzner kein Problem: „Wir leben ja schon einige Zeit damit.“ Auch hänge nicht alles an einem Gewinn des Doppeltitels. „Wir haben als Vize-Europameister auch Chancen mit der Mannschaft.“
Für jene dürfte sich in Karlsruhe der Lübecker Peter Franz erneut und mit Nachdruck empfohlen haben. Der 20jährige, wie Roßkopf Linkshänder, hatte den Supermann Gatien am Rande einer Niederlage und wußte das auch. „Wenn man 18:11 im dritten Satz führt, sollte man vielleicht doch gewinnen.“ Das gelang diesmal noch nicht ganz, doch riß Franz das Publikum mit seiner Spezialität, dem Kontern von Schmetterbällen, zu Jubelstürmen hin. Für Stuttgart fehlt ihm nur noch eins: ein passender zweisilbiger Spitzname. „Franzi“ klingt ja nun wenig originell, doch vielleicht fällt Hans Wilhelm „Gäbi“ Gäb bis April noch was Passendes ein. Sonst bleiben die Siege, so es denn welche gibt, doch wieder nur Marke Rossi & Speedy.
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