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EG suspendiert Beobachtertätigkeit

■ Unterschiedliche Reaktionen auf Hubschrauberabschuß

Rom/Paris/Zagreb (ap/afp) — Nach dem Abschuß ihres Hubschraubers hat die EG die Beobachtertätigkeit im Kriegsgebiet Kroatiens vorerst eingestellt. Nach Berichten des kroatischen Rundfunks will die Gemeinschaft ihre Aktivitäten erst wieder aufnehmen, wenn sie von der jugoslawischen Bundesarmee Zusicherungen erhalten habe, daß sich ein derartiger Vorfall nicht wiederholen könne. Unterschiedlich scharf fielen die Reaktionen auf den Vorfall in den einzelnen EG-Mitgliedsländern aus, sie reichten bis hin zur Infragestellung der für den 15. Januar anvisierten diplomatischen Anerkennung.

Am Dienstag hatte eine MiG-21 der jugoslawischen Luftwaffe nordöstlich von Zagreb einen eindeutig gekennzeichneten Hubschrauber mit vier italienischen und einem französischen EG-Beobachter an Bord mit einer Luft-Luft-Rakete abgeschossen. Die Bundesarmee übernahm die Verantwortung für den schweren Zwischenfall. Luftwaffenchef Zvonko Jurjevic wurde vom Dienst suspendiert. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen forderte die Bestrafung der Schuldigen. Genscher sprach von einem „Anschlag auf die Friedensbemühungen der Europäischen Gemeinschaft“.

Die Beobachtermission der EG geht auf die Friedenskonferenz von Brioni im Juli 1991 zurück, auf der die Grundlagen für die Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen beschlossen worden waren.

Durch die italienische Presse ging gestern ein Aufschrei der Empörung. Die Schlagzeilen lauteten „Die Wut Italiens“ ('La Repubblica‘) oder „Sie wurden von hinten erschossen“. Politiker kritisierten, daß die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens verzögert wurde. Die Regierung wollte noch am Mittwoch vor dem Parlament eine Stellungnahme zu dem Zwischenfall abgeben.

Aus Frankreich kamen hingegen äußerst zurückhaltende Reaktionen. So äußerte Außenminister Dumas die Auffassung, daß der Zwischenfall den Friedensprozeß nicht in Frage stellt. Auch müsse die Klärung der Umstände abgewartet werden, aber „das muß uns in unserem Willen bestärken, den Frieden in dieser Region zu suchen“, unterstrich Dumas. Der französische Botschafter in Belgrad wurde angewiesen, scharf zu protestieren und von der Bundesregierung Erklärungen zu verlangen. Außerdem drängt Frankreich darauf, daß auch der amtierende portugiesische EG-Ratsvorsitzende sich einschalten solle.

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