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„Werner, Du bist unser Janajew“

■ Bremerhavener SPD rechnete mit ihrem lange Jahre mächtigesten Mann, Werner Lenz, ab

Die Bremerhavener Ära Lenz ist am Mittwoch abend endgültig zu Ende gegangen. Mit 81 gegen 49 Stimmen forderten die Delegierten des SPD-Unterbezirks den ehemals mächtigsten Mann ihre Partei, langjährigen Unterbezirks-Vorsitzenden, Fraktionschef, Senator und Stadtrat Werner Lenz in geheimer Abstimmung auf, alle seine politischen Ämter „sofort zur Verfügung zu stellen“.

Lenz und weitere „führende Mitglieder“ seiner „Koggenrunde“ genannten Seilschaft hätten „mit verräterischen Mitteln“ dafür gesorgt, daß sieben Mitglieder der SPD-Stadtverordnetenfraktion am 20.12. in der entscheidenden Abstimmung über die Ampel-Zusammenarbeit gegen die zuvor von der Partei beschlossene Verfassungsänderung zugunsten der FDP stimmten. Sein Waterloo mußte Werner Lenz persönlich nicht mehr miterleben. Er hatte die Versammlung schon um acht Uhr verlassen, nachdem die Parteibasis zwei Stunden lang gegen die „falschen“, „feigen“ und „hinterhältigen Abweichler“ in der SPD- Fraktion gewettert hatte.

Sogar Uwe Beckmeyer, einst Lenz-Zögling und sein Nachfolger auf dem Bremer Senatorensessel für Wirtschaft, rechnete mit dem einst so starken Mann ab: „Es gibt einige, die mit dem Machtverlust nicht fertig werden und eine Autokratie anstreben“, rief er in Richtung Lenz und sprach von einem „Putschversuch“. Noch deutlicher wurde ein SPD-Delegierter auf dem Flur: „Du bist unser Janajew“, warf er Lenz vor und ergänzte: „Aber wahrscheinlich warst Du nicht einmal besoffen, als Du den Putsch geplant hast.“

Neben 25 empörten RednerInnen, die immer wieder das „parteischädigende Verhalten“ kritisierten, mit dem die „Putschisten“ in der Stadtverordneten- Fraktion die SPD „inzwischen näher an 25 als an 45 Prozent gebracht“ hätten, waren es nur der Fraktionsvorsitzende Richard Skribelka und der langjährige Bürgerschaftsabgeordnete und Anhänger der „Koggenrunde“, Lothar Koring, die sich öffentlich gegen die beantragte Verurteilung von Werner Lenz wandten. Als „selbstzerstörerische Stimmungsmache“ wertete Skribelka die These des Unterbezirksvorstandes, daß es sich bei den Gegenstimmen aus seiner Fraktion um ein zielgerichtetes Verhalten gegen die Ampelzusammenarbeit gehandelt habe. „Ich glaube nicht an ein abgekartetes Spiel“, rief Skribelka, erntete dafür aber nur Spott.

Schließlich waren die sieben Abweichler in der SPD-Fraktion auch ihrem eigenen Vorsitzenden in den Rücken gefallen. Noch kurz vor der entscheidengeheimen Abstimmung hatten alle 20 SPD-Stadtverordneten erklärt, daß sie für die Verfassungsänderung stimmen würden.

Die Stimmung der Versammlung brachte schließlich der ehemalige Fraktionsvorsitzende Christian Bruns auf den Höhepunkt: „Der altgediente Haudegen Werner Lenz, diesmal hat er überzogen. Wer so die SPD verrät, hat in der SPD nichts mehr zu suchen. Die Machtpolitik der 50er und 60er Jahre ist nicht mehr gefragt.“ Und direkt an Lenz: „Werner, Du bist dabei, Dein eigenes Lebenswerk zu zerstören.“

Um die Abrechnung mit der alten Führung der Bremerhavener SPD komplett zu machen, wurde auch gleich noch Karin Hoffmann, jahrelange Lenz-Sekretärin bei der Neuen Heimat und später von ihm als Stadträtin für Sport und Freizeit in den Magistrat geholt, hart kritisiert. Ebenfalls in geheimer Abstimmung wurde sie mit 97 zu 35 Stimmen zum Rücktritt von ihrem Amt aufgefordert, da sie dafür „von der

hier bitte der

Mann auf dem

Schotterhügel

Werner Lenz, einsam auf TrümmernFoto: Forum

Partei kein Mandat erhalten“ habe.

Besonders empört hatte sich der neue Bremerhavener Parteivorsitzende Siegfried Breuer zuvor über die Verteilung der Aufsichtsratsmandate für städtische Unternehmen, bei der vom Magistrat ohne Rücksicht auf Parteibeschlüsse die lukrativen Posten wieder der alten Lenz-Riege zugeschoben worden seien. Breuer brach damit das Bremerhavener Gesetz, die Machtverteilung innerhalb der SPD stillschweigend per Pöstchenvergabe zu regeln. „Wir müssen damit jetzt an die Öffentlichkeit, wie sich Genossinnen und Genossen in den Gremien hinter verschlossenen Türen verhalten“, rief Breuer unter lautem Applaus der Delegierten.

Obwohl am Schluß der Versammlung die ausgehandelte Ampel-Zusammenarbeit noch einmal bei nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung bekräftigt wurde, bleibt weiterhin unklar, ob sie überhaupt beginnen kann. Denn auch am Mittwoch abend gab sich keiner der mindestens sieben Abweichler in der SPD-Fraktion zu erkennen.

Der FDP wurde versprochen, in allen Ausschüssen zunächst als „Gast mit Rederecht“ vertreten sein zu können. Wie sie sich in der verfahrenen Situation weiter verhält, will die FDP am Wochenende auf einer Klausurtagung entscheiden. Dirk Asendorpf

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