: Flop Secret
Berlin (taz) — Über ihr neu entwickeltes Sicherheitssystem für Flughäfen bewahrten die Hersteller, die Firma „Sciex“ aus Ontario und die British Aerospace, strengstes Stillschweigen — nur bei absoluter Geheimhaltung könne die Falle für Terroristen und Drogenschmuggler effektiv arbeiten. Umsonst freilich sollte die Neuentwicklung im Kampf gegen das Böse nicht sein. Um ihre kommerziellen Interessen zu sichern meldeten die Firmen das Gerät beim europäischen Patentamt an — und stellten damit sicher, daß seine Funktionsweise nun in Bibliotheken rund um die Welt von jedermann bis ins kleinste Detail nachgelesen werden kann.
Die Firma Sciex stellt bereits ein „Aromic Analyser“ genanntes Gerät her, das im Handgepäck und den Koffern der Passagiere Spuren von Sprengstoff oder Drogen erschnüffelt. Die Abteilung Sicherheitssysteme der British Aerospace verkauft eine tragbare Variante des elektronischen Schnüfflers, mit dem Besucher von Gebäuden auf Plastiksprengstoff abgecheckt werden können.
Mit dem neuen, gemeinsam entwickelten System nun sollen die Passagiere kontrolliert werden können, ohne daß sie es merken. Jeder Fluggast erhält beim Check-In eine Bordkarte, die er beim Einsteigen dem Flugpersonal wieder aushändigt — damit wird sichergestellt, daß jeder, der Gepäck aufgegeben hat, auch wirklich mitfliegt.
Auf zahlreichen Flughäfen ist dies mittlerweile automatisiert — ein Magnetstreifen auf der Bordkarte trägt einen Code, der von einem Lesegerät an der Sperre mit der Passagierliste abgeglichen wird. Hier setzt das neue System der beiden Firmen an: die Bordkarten sind mit einem absorbierenden Material überzogen, in das Lesegerät ist ein „Aromic Analyser“ eingebaut. Ein Passagier, der Sprengstoff oder Drogenspuren an den Händen hat, überträgt diese auf die Bordkarte, das Lesegerät gibt dann einen geheimen Alarm, der dem Sicherheitspersonal Name und Sitznummer des Verdächtigen anzeigt.
So weit, so gut — doch mit der Patentanmeldung und der weltweiten Publizität in technischen Bibliotheken ist der Effekt der raffinierten Neuentwicklung ziemlich dahin. Wie auch Paul Wilkinson, Direktor des Instituts für Konflikt- und Terrorismusforschung an der britischen St.Andrew Universität, der Wissenschaftszeitschrift 'New Scientist‘ bestätigt: „Die intelligenteren Organisationen lesen wissenschaftliche Literatur und studieren neue Sicherheitstechnologien, um Wege zu finden, sie zu umgehen.“ Mit dem neuen System, „werden nur Sprengstoff-Verrückte mit selbstgebastelten Bomben und Amateurterroristen herausgepickt“, fürchtet Wilkinson.
Profis werden sich einfach die Finger waschen oder schlicht die Ganovenregel Nr.1 beherzigen: Handschuhe tragen. mbr.
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