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Milliarden für den Ruhrgebietswandel

Mit Geld und Phantasie sollen die Bergbauregionen in NRW vor dem Absturz bewahrt werden/ NRW-Regierung reagiert schnell/ Beschlüsse der Kohlerunde kosten in NRW 30.000 Arbeitsplätze  ■ Aus Bergkamen Walter Jakobs

Mit vier großen Regionalkonferenzen und etwa einer Milliarde Mark an direkten Landesmitteln will die Düsseldorfer Landesregierung den Strukturwandel in den von drastischen Arbeitsplatzverlusten bedrohten Bergbauregionen des Landes anstoßen und fördern. 30.000 Arbeitsplätze werden nach den Beschlüssen der Kohlerunde vom 13. November letzten Jahres bis zum Jahr 2005 in NRW wegfallen. Besonders hart trifft es das östliche Ruhrgebiet. Ruhrkohlechef Heinz Horn machte auf der ersten Konferenz gestern in Bergkamen deutlich, daß die Umsetzung der Kohlebeschlüsse dort mindestens 13.000 Jobs kosten wird und Nachfrageeinbußen von jährlich 800 Mio. DM in der Region bedeutet. Der Zusammenschluß der beiden Bergkamener Zechen „Haus Aden“ und „Monopol“ allein kostet die Stadt bis Mitte 1994 etwa 4.000 Jobs.

Für Bergkamen, wo fast jeder zweite der knapp 19.000 Berufstätigen im Bergbau arbeitet, ist das ein schwerer Schlag. Damit aus der Schrumpfung im Bergbau kein Absturz wird, hatte die Landesregierung für Freitag alle Beteiligten der Region nach Bergkamen geladen. Unternehmer und Gewerkschafter, Bürgermeister, Verwaltungsleute und sogar ein leibhaftiger Weihbischof waren dem Ruf gefolgt. „Wir in NRW — Gemeinsam sind wir stark“, die klassische Wahlkampfparole der NRW-Genossen, in solchen Konferenzen wird sie praktisch. Die Landesregierung selbst will nach den Worten von Johannes Rau bis 1995 eine Milliarde Mark zur Verfügung stellen. Verkehrsprojekte, Technologiezentren, Weiterbildung und Umschulung sollen damit ebenso gefördert werden wie der Aufbau einer Entwicklungsagentur für das östliche Ruhrgebiet.

Mobilisiert wurde die „Kohle“ für die Kohleregionen laut Rau durch „schmerzhafte Überprüfungen“ — sprich Zusammenstreichen — bisheriger Förderprogramme. Der Dortmunder Oberbürgermeister Günter Samtlebe äußerte deshalb auch gestern die Befürchtung, daß die jetzt versprochenen Mittel den Kommunen an anderer Stelle wieder weggenommen werden könnten.

Insgesamt wurde die Initiative der Rau-Regierung, die auch mehr Geld für die „Internationale Bauausstellung Emscherpark“ umfaßt, am Freitag aber eher gelobt — von Unternehmern und Gewerkschaftern. Der Dortmunder IHK-Präsident Fritz Jaeger versprach, die Initiativen „nachhaltig zu begleiten“. Zu schaffen sei der Wandel aber nur, wenn die Infrastruktur in der Region „auf breiter Front“ ausgebaut und die Förderung entbürokratisiert werde. Die „Verneinungspolitik“ in Sachen Regionalflughäfen und Straßenausbau müsse aufhören. Wie das mit dem von der Landesregierung beschworenen „ökologischen Umbau der Region“ zusammengehen soll, blieb indes das große Geheimnis auf der Konferenz.

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