: Klinik gibt Stasi-Information zu
■ Minister Eggert fordert Überprüfung weiterer Ärzte/ Gespräch mit IM Wolf
Großschweidnitz (dpa) — Auch nach Westdeutschland übergesiedelte Ärzte und leitende Schwestern aus der Ex-DDR sollten aus Sicht des sächsischen Innenministers Heinz Eggert (CDU) auf frühere Stasi-Mitarbeit überprüft werden. Eine entsprechende „Regelanfrage“ wolle er den Innenministern aller Länder empfehlen, kündigte der Minister bei einem Besuch im psychiatrischen Krankenhaus im sächsischen Großschweidnitz an. In diese Klinik war Eggert 1984 von einem Inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter eingewiesen worden.
Die ärztliche Leitung des Krankenhauses räumte auf einer Pressekonferenz ein, über mehrere Patienten — darunter Eggert — bis zum Herbst 1989 Auskünfte an die Stasi erteilt zu haben. Chefarzt Wilfried Frömel betonte jedoch, bis heute gebe es keine Hinweise auf einen Mißbrauch der psychiatrischen Therapie in der Klinik. Der Arzt Hubertus Lantsch, der Eggert 1984 auf Weisung des Stasi-Arztes Wolf behandelt hatte, bestritt, über das notwendige Maß hinaus Psychopharmaka verabreicht zu haben.
Der suspendierte Chefarzt der Männerpsychiatrie in Großschweidnitz, Reinhard Wolf, nahm an der Pressekonferenz nicht teil. Der frühere Stasi-Spitzel hatte sich bereits am Mittwoch abend mit Eggert getroffen. Der Innenminister betonte, Wolf sei „völlig am Ende: Auf jemanden, der am Boden liegt, soll man nicht mehr weiter einschlagen.“ In einem Fernsehinterview hatte er zuor zu dem Treffen erklärt: „Ich habe aus meinem Leben erzählt, Wolf hat aus seinem Leben erzählt und ich möchte auch ganz gern diese plakativen Darstellungen aufweichen, daß hier der große Held steht und hier der Stasi-Verbrecher. Diese Bilder stimmen beide nicht.“
Sachsens Sozialminister Hans Geisler sagte, der Staatssicherheitsdienst habe „alle unsere Lebensbereiche durchdrungen“. Er habe keine Kenntnisse, daß die Stasi in Großschweidnitz besonders intensiv geherrscht habe. Geisler kündigte an, ein möglicher Mißbrauch der Psychiatrie solle „möglichst schnell“ geprüft werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen