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Zwei Grüne stellten Stasi-Antrag

■ Stasi-IM's in der Bürgerschaft? / SPD wollte lieber keine Überprüfung

Nachdem die drei Ampel-Partner am 7. Dezember den Koalitionsvertrag unterschrieben haben, müssen Anträge in der Bürgerschaft vorher gemeinsam besprochen werden. Eine Stunde vor Unterzeichnung dieses Vertrages haben zwei grüne Bürgerschaftsabgeordnete, Dieter Mützelburg und Hermann Kuhn, noch schnell ein Papier bei der Bürgerschaftsverwaltung abgegeben: Der Präsident der bremischen Volksvertretung, so der Antrag, solle beauftragt werden, bei der Berliner Gauck-Behörde überprüfen zu lassen, ob auch ein bremischer Volksvertreter sich als „Informeller Mitarbeiter“ (IM) der Stasi angedient hat.

„Es war gut, daß wir das vorher gemacht haben“, meinte der grüne Fraktionsvorsitzende Dieter Mützelburg gestern. Es habe im Vorfeld „Signale“ gegeben, daß es bei der SPD Probleme geben könnte. Der SPD-Fraktionschef ist auch, wie er gestern auf Nachfrage bestätigte, nicht glücklich über den grünen Antrag. In keinem Landesparlament gebe es bisher eine Stasi-Überprüfung, das sei ein „Voyeurs- Antrag“.

Die Stasi hat bei Städte-Partnerschaften immer eigene Quellen gesucht und IM's angeworben. Die Bremer SPD hatte enge Kontakte zu der Rostocker SED und den Rostocker SPD-Oberbürgermeister Schleiff noch gestützt, als die Bürgerbewegung der DDR schon gegen ihn Sturm lief.

Während eines gemeinsamen Delegations-Besuches, so erinnert sich Martin Thomas (Grüne), habe er den Wunsch geäußert, sich abends von dem organisierten Programm abzusetzen und eigene Kontake zu knüpfen. Bremer SPD-Vertreter, die mit den Rostocker SED-Genossen per Du standen, hätten ihn davon abbringen wollen. Thomas, der früher Mitglied der maoistischen KPD war und von daher in der DDR auf der schwarzen Liste stand, ging abends eigene unorganisierte Wege und hatte prompt vier Stasi- Leute auf den Fersen.

Hermann Kuhn, Mitantragsteller, geht davon aus, daß die Stasi auch in Kreisen der Bremer Friedensbewegung und der Kirchen ihre eifrigen Informanten hatte. „Vielleicht offenbaren sich die Leute hier in Bremen ja von sich aus, bevor man ihnen über die Akten auf die Spur kommt“, hofft Kuhn. Der von ihm mitunterzeichnete Antrag steht am 11. Februar auf der Tagesordnung der Bürgerschaft.

K.W.

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