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Paris vor der Anerkennung Kroatiens

Anerkennung möglicherweise schon in dieser Woche, um den „Zusammenhalt in der EG zu retten“/ Frankreich befürchtet, mit diesem Schritt die Krise noch anzuheizen/ „Virus der Zersplitterung“  ■ Aus Paris Bettina Kaps

Im Jugoslawien-Konflikt will Frankreich unbedingt den Zusammenhalt der übrigen elf EG-Mitglieder retten, nachdem Deutschland sich über den in Maastricht ausgehandelten Kompromiß hinweggesetzt und Slowenien und Kroatien anerkannt hat, ohne das für Mittwoch angekündigte Urteil der europäischen Juristenkommission abzuwarten. Italien und Luxemburg haben zu erkennen gegeben, daß sie dem Wunsch der Slowenen und Kroaten ebenfalls nachkommen wollen.

Um den deutsch-französischen Gleichklang wieder herzustellen, könnte sich die französische Regierung möglicherweise bis Mittwoch zur Anerkennung von Kroatien durchringen. Daß ihr das schwerfallen dürfte, belegen die zögernden Worte von Außenminister Roland Dumas nach der Tagung mit seinen Kollegen in Brüssel. Es werde „Nuancen und Fristen“ geben, erklärte er am Wochenende. Von den vier Republiken, die um Anerkennung gebeten haben, „können wir bereits eine anerkennen“, sagte Dumas unter Anspielung auf Slowenien. „Für die anderen wird dies vielleicht in einiger Zeit auf verschiedene Weise geschehen.“

Frankreich befürchtet, daß die Anerkennung den Krieg noch anheizen und den Einmarsch Serbiens und der Bundesarmee nach Bosnien-Herzegowina fördern wird. Die Regierung sähe es dann lieber, wenn zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits die UN-Friedenstruppe stationiert wäre. Auf politischer Ebene befürchtet Paris weitere Zersplitterung, etwa daß sich Gebiete wie das von SerbInnen bewohnte und in Kroatien liegende Krajina zu Ministaaten erklären könnten.

„Wenn Slowenen und Kroaten das Recht auf Sezession anerkannt bekommen, wie soll man dieses Recht dann den Gagausen in Moldawien verweigern, den Krimtataren, den Tadschiken, den Kirgisen, aber auch den Slowaken, den Basken, den Korsen, den Schotten, den Lombarden?“ fragte ein Kommentator in 'Le Monde‘, der vor einem „Virus der Zersplitterung“ warnte. Basken und Korsen — unterschwellig spielt auch der Gedanke an die eigenen Volksgruppen bei der Beurteilung des Jugoslawien-Konflikts eine Rolle. Die Bewahrung der Nation und des zentralistischen Staates haben in Frankreich trotz aller Bekenntnisse zur Dezentralisierung Vorrang vor regionaler Selbstbestimmung. „Mitteleuropa im Schatten des korsischen Problems zu beurteilen, ist der letzte Beweis für den französischen Provinzialismus und Autozentrismus“, kritisierte der Philosoph Alain Finkielkraut — der sich seit Monaten vehement für die Anerkennung von Slowenien und Kroatien einsetzt — die französische Politik.

Die GegnerInnen der Anerkennung stellen auch die kroatischen Grenzen in Frage: Sie seien rein administrativ gezogen, Grenzen innerhalb einer Föderation könnten nicht einfach zu internationalen Grenzen erklärt werden, sondern müßten mit den NachbarInnen ausgehandelt werden. Das deutsche Verhalten macht Paris die Anerkennung nicht leichter. „Frankreich versucht, dem deutschen Druck zu widerstehen“, hieß es in den Zeitungen. Die geschichtsbewußten Franzosen sind irritiert, daß Deutschland sein neues politisches Gewicht erstmals bei einem Konflikt hat spüren lassen, der zu historischen Vergleichen anregt.

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