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Geballter Bürgerprotest gegen Autobahn

■ Bauverwaltung erntete für ihre Pläne zur Überdeckelung des Sachsendamms rund 250 Einwendungen/ Baustadtrat Saager (Schöneberg): Politischer Druck kann Autobahnkonzept noch kippen

Berlin. Auch mit ihren überarbeiteten Plänen zur Schließung der Autobahnlücke am Sachsendamm stößt die Senatsbauverwaltung auf den geballten Bürgerprotest. Anläßlich der bis zum 11. Dezember laufenden Planauslegung wurden rund 250 schriftliche Einwendungen an die Verwaltung geschickt. Deren geändertes Autobahnkonzept sieht vor, die Bahnbrücken zwischen Schöneberg und Tempelhof durch eine 70 mal 70 Meter große Betonplatte zu ersetzen. Das Autobahnverbindungsstück und der Sachsendamm sollen unter den »Deckel« kommen.

Die genaue Zahl der Einwendungen stehe noch nicht fest, sagt der Leiter der Behördenabteilung für Verkehrswegebau, Herbert Limann. Man habe nämlich erst mit dem Sichten der Zuschriften begonnen. »Wie üblich« seien bei der Bauverwaltung eine Vielzahl gleichartiger Einwendungen auf Formularvordrucken eingetrudelt. Hauptsächlich wurde bemängelt, daß eine für den Bau von Fernstraßen zwingend vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht vollzogen worden sei. Zum anderen, so Limann, hätten die meisten Einwender die Pläne zur »Überdeckelung« am S-Bahnhof Papestraße kritisiert.

Durch diese Überdeckelung sei die Benutzbarkeit der Stadtstraße für Fußgänger und Radfahrer »erheblich eingeschränkt«, rügte die Schöneberger Bauabteilung in einer zwölfseitigen Stellungnahme. Der Bezirk möchte über den Sachsendamm statt der Betonplatte lieber Einzelbrücken, um die bestmögliche Nutzungs- und Gestaltungsqualität für den »zukünftigen innerstädtischen Boulevard« sicherzustellen. Dieser Auffassung zufolge sollte das Autobahnstück weitgehender als im Konzept der Bauverwaltung vorgesehen abgedeckelt werden, weil dadurch das Südgelände an die mit Grün unterversorgten Bereiche Schönebergs angebunden werden könnte.

Unterdes hegt Schönebergs Baustadtrat Uwe Saager (SPD) wenig Hoffnungen, daß die Bauverwaltung auf die Bezirkswünsche eingeht. »Wenn nicht politisch Druck entsteht, wird sich da sicherlich nichts bewegen«, erklärte der Stadtrat. Für die Bürgerinitiative Westtangente, die unter dem Motto »Mut zur Lücke« wohl die meisten Protestunterschriften gegen den Autobahnbau sammelte, hat die Bürgerbeteiligung ohnehin nur Alibicharakter. Mit Hilfe des sogenannten Beschleunigungsgesetzes werde sich die Bauverwaltung in jedem Fall über den Bürgerprotest hinwegsetzen, unkte BI-Sprecher Norbert Rheinländer. Das neue Gesetz bietet die Handhabe, schon dann mit dem Autobahnbau zu beginnen, wenn über eine Klage in der Hauptsache noch nicht entschieden ist — es sei denn, innerhalb von vier Wochen nach dem Planfeststellungsbeschluß wird die Wiederherstellung der aufschiebenden Klagewirkung beim Gericht beantragt. Erste und zugleich letzte Instanz wäre jetzt das Bundesverwaltungsgericht.

Laut der Bauverwaltung wird es zunächst am 13. März eine Erörterungsveranstaltung mit den vom Autobahnbau betroffenen Bürgern und Einwendern geben. Noch einmal drei Monate braucht die Verwaltung ihrer Schätzung nach, bis sie über das Ergebnis des Einwendungsverfahrens entschieden hat. Nach den Terminvorstellungen im Hause Bausenator Nagels kann es dann im Oktober mit der erneuten Buddelei am Sachsendamm losgehen. Geplant ist, schon im kommenden April die angeblich nicht mehr anfahrsicheren Stützen der Bahnbrücken auszuwechseln. Thomas Knauf

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