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Forschungsstillstand

■ Holocaust-Experten haben wenig oder nichts zu sagen

Die Holocaust-Beamten des neudeutschen Gedenkstättenwesens, die professoralen Kontrahenten des Historikerstreits — sie alle haben vor dem Thema „Wannsee- Konferenz“ mehr oder weniger versagt. Das Thema ist sperrig. Schnelle Thesen wirken hohl. Die dünne Dokumentenlage erfordert Arbeit. Noch nicht einmal in der Schwarzen Reihe des Fischer-Taschenbuch Verlags ist ein Aufsatzbändchen per Blitzproduktion zustande gekommen. Und das, obwohl dort sonst mit der Bestimmung des „Historischen Orts des Nationalsozialismus“ nicht viel Federlesens gemacht wird. Ein einziges Buch ist zu vermelden, und das unterliegt einem leisen Boykott:

Kurt Pätzold/Erika Schwarz, „Tagesordnung Judenmord. Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942“ (= Bd.3 der Reihe Dokumente — Texte — Materialien, veröffentlicht vom Zentrum für Antisemitismus-Forschung), 258 Seiten, DM 29,80.

Pätzold ist seit langem Professor für Neuere Geschichte an der Humboldt-Universität. Die Wende brachte den renommierten und kundigen Faschismusforscher zu Recht ins Gerede, war er doch in den 70er Jahren an Relegationen politisch unliebsamer Studenten beteiligt. Dennoch ist ihm und Erika Schwarz das einzige Buch zum Thema des heutigen Tages zu verdanken. Die beiden Ostberliner Autoren retten die neue Bundesrepublik vor einer Peinlichkeit. Das Buch kann guten Gewissens all denen zur Lektüre empfohlen werden, die sich über die Vorgeschichte der Konferenz, über die Karrieren der Beteiligten und über wichtige Dokumente und Zeugenaussagen informieren wollen.

Aber auch den Geschichtswerkstätten, den insistierenden Hobbyforschern vor Ort, wollte zu dieser Konferenz nichts einfallen: Es geht um die zentralen Entscheidungsabläufe der Jahre 1940 bis 1941, das setzt nicht nur Engagement voraus, sondern breite Kenntnisse. In diesem Sinne machte sich die Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz das Prinzip „Grabe, wo du stehst“ zu eigen: Statt ihre Publikationsreihe mit einem Buch über die Architektur des Völkermords zu beginnen, begann man schlicht mit der Architektur des Gebäudes:

Johannes Tuchel, „Am Großen Wannsee 56-58. Von der Villa Minoux zum Haus der Wannsee- Konferenz“ (= Publikationen der Gedenkstätte Haus der Wannsee- Konferenz, Bd.1), Edition Hentrich Berlin, 240 Seiten, 50 Abb., DM 29,80. G.A.

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