: „Bestmögliche Resultate“
■ Dresdner SED-Parteisekretär zur Wahlfälschung
Dresden (taz) — Im Dresdner Wahlfälschungsprozeß gegen den Ex-Oberbürgermeister Berghofer bestätigten gestern der damalige Stadtbezirksparteisekretär von Dresden-Nord und der Stadtbezirksbürgermeister den wiederholt dargelegten Kreislauf von „politischer Aufgabenstellung“ und „Lagebesprechung“, von zentral angewiesenem „möglichst realem“ Wahlergebnis und den gleichfalls in der „Zentrale“ erwarteten „bestmöglichen Ergebnissen im 40. Jahr der DDR“. Für den langgedienten Parteichef Siegfried Nacke war klar, daß in seinem „problembeladenen Stadtbezirk“ die erwarteten Ergebnisse nie erreicht werden. Diese Voraussicht, so der Zeuge vor dem Gericht, hätten in der Beratung vom 5. Mai 1989 auch die nun angeklagten Berghofer und Moke geteilt. Doch die Zweifel blieben im Raum. Parteidisziplin wurde das damals genannt. Als sich nach der Wahl leise Proteste auch bei einigen GenossInnen regten, holte „der Erste“ die angeblich überwältigende Zustimmung aus den Wahllokalen der Polizei und Armee zu Hilfe.
Viel Neues brachte die gestrige Zeugenvernehmung nicht. Aber doch etwas, auch wenn es sich zunächst anhört wie ein Gang der „Olsenbande“. Stadtbezirksbürgermeister Gert Müller erklärte, er habe gegenüber Berghofer die geforderten Wahlergebnisse als „Wahnsinn“ bezeichnet und den Oberbürgermeister gebeten, doch seinen Einfluß bei Wahlleiter Egon Krenz geltend zu machen. Worauf Berghofer zum Telefon gegriffen und über Direktleitung im Büro Krenz angerufen habe. Am anderen Ende der Leitung meldete sich jemand, den Berghofer mit „Egon“ angesprochen habe.
Berghofer habe diesem Egon ordentlich Bescheid gegeben. Erst viel später habe Müller erfahren, daß dieser Egon nicht der Krenz, sondern dessen Büroleiter Egon Tobias war. Egon hin, Egon her. Krenz jedenfalls hat vor Gericht erklärt, vor den Wahlen keinen Anruf aus Dresden erhalten zu haben. Spielte hier ein Egon mit dem anderen Verstecken oder der Krenz mit dem Gericht?
Nachdem ein in Dresden übergebenes Mielke-Dokument belegen kann, daß Krenz seit dem 8.Mai von Verhaftungen Oppositioneller gewußt haben muß, läuft gegen ihn schon ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage. Detlef Krell
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