: Kein Platz für Emporkömmlinge
■ Monica Seles und Mary Joe Fernandez erreichten das Finale der Australian Open
Melbourne (taz) — Wo sind die neuen Gesichter im Damentennis? Verzweifelt muß der nach Abwechslung gierende Tennisfreund bei den Australien Open in Melbourne mal wieder feststellen, daß nur die Männer für ein paar Überraschungen gut sind. Wer hatte schon vor zwei Wochen getippt, daß der Südafrikaner Wayne Ferreira und der 20jährige Holländer Richard Krajicek sich anstatt der Herren Becker und Stich bis ins Halbfinale des Grand-Slam-Turniers durchkloppen würden?
Bei den Frauen wird halt regelmäßig spätestens im Viertelfinale mit vorwitzigen Emporkömmlingen aufgeräumt. Keine Wendy Ferreiras, keine Ricarda Krajicek. Diesmal kam gerade mal eine ungesetzte Spielerin in die Runde der letzten Acht, die Amerikanerin Amy Frazier. Und die ist als 25. der Weltrangliste auch nicht gerade die aufregendste Entdeckung und wurde von Mary Joe Fernandez sowieso in zwei Sätzen abgefertigt. Mit der Konstanz des jahrelang gleich trüben Burger-Angebots bei McDonald's gestalteten sich dementsprechend sensationell die Semifinals bei den Damen. Diesmal die nahezu unbekannte Monica Seles gegen die selten gesehene Arantxa Sanches-Vicario sowie eine Gabriela Sabatini (je gehört, den Namen?) gegen die Weltranglistensiebte Mary Joe Fernandez, die am abgrundtief schlechtesten Plazierte des Quartetts.
Die Australier prügelten sich förmlich um die Tickets für diese Begegnungen, der Verkehr brach zusammen, in Deutschland pumpten die Elektrizitätswerke mächtig Strom in die Haushalte, jeder wollte diese Matches sehen, von der epochalen Bedeutung nur ganz knapp hinter der Landung auf dem Mond anzusiedeln. Genug gescherzt: zum großen Unglück verbreiteten gestern nicht nur die Paare einen Hauch von Langeweile, sondern auch die Spiele an sich. Im ersten Halbfinale schlug Monica Seles (knalloranges Hemd) die bemitleidenswerte Arantxa Sanchez-Vicario (chancenlos im biederblauen Röckchen) zum achten Mal im achten Match. Beim 6:2, 6:2 schoß Monica eine Menge Bälle in die Ecken des Tennisfelds, wie gehabt, gemeinerweise immer abwechselnd links und rechts. So mußte die kleine Spanierin arg viel rennen, um dem dritten oder vierten Ball doch nur traurig nachblicken zu können. Nur als Arantxa im zweiten Satz von 0:3 auf 2:3 aufholte, hoffte die Zuschauerschaft auf ein klitzekleines bißchen Spannung. Doch nach dem Seitenwechsel machte die gnadenlose Monica acht Punkte in Folge, was ihr ein 5:2 bescherte. Die frustrierte Arantxa mußte sich ohne Erfolgserlebnis wieder hinsetzen. Sie nuckelte daraufhin verstört an einer mit dämonisch blaßorange leuchtender Flüssigkeit gefüllten Flasche (Ein Sud aus Monicas Tennishemd? Eine Geheimwaffe?). Vier Minuten später war der Satz ganz weg, und Monica Seles hatte bei ihrem 17. Turnier hintereinander das Finale erreicht. Da darf sie nun gegen die Amerikanerin Mary Joe Fernandez spielen, die 1991 im Halbfinale der Australian Open immerhin einen Matchball gegen Monica hatte, dann aber doch mit 7:9 im Dritten verlor. Mary Joe hatte nämlich eine verpennte Gaby Sabatini mit 6:1, 6:4 überrollt. Die schöne Gabriela wußte gar nicht, wie ihr geschah, da hatte die druckvoll und nahezu fehlerfrei spielende Fernandez den ersten Durchgang schon für sich verbucht. Danach haute Gaby zwar etwas fester auf die Bälle, konnte aber insgesamt der Bewertung „Schrott“ nicht mehr entgehen und vergeigte den Matchball mit einem Rahmentreffer Richtung Argentinien. Mario Vigl
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