: Bildungspolitik verwirrt FDP
■ Ampelknatsch: Schulreform-Kommission wegen Kompetenzgerangel geplatzt
In der Ampelkoalition gibt es Krach. Schon beim ersten kleinen Schritt auf dem Weg zur beschlossenen „Schulreform“ sind die alten Fronten zwischen SPD und Grünen auf der einen und der FDP auf der anderen Seite wieder aufgebrochen. Denn gestern morgen zog die FDP ihre bereits signalisierte Zustimmung zu einer Namensliste für eine Reformkommission wieder zurück.
Diese Kommission soll laut Koalitionsvereinbarung die Grundlagen für eine Novellierung des Bremeischen Schulgesetzes und damit die Voraussetzung für die Einrichtung von neuen Gymnasien schaffen. Da das Arbeitsergebnis bereits Ende 1992 formuliert sein soll, machte sich die Bildungsbehörde gleich nach Abschluß des Ampelvertrages auf die Suche nach renommierten Fachleuten aus anderen Bundesländern. Als Vorsitzender wurde der Erziehungswissenschaftler Professor Wolfgang Klafki gewonnen. Grüne und SPD waren einverstanden und auch die FDP-Bildungspolitikerin Annelene von Schönfeldt hatte keine Bedenken.
Doch gestern in der Ampel- Vorbesprechung für die Bildungsdeputation wollte die neue Deputationssprecherin von Schönfeldt von einer Zustimmung nichts mehr wissen. Sie sei davon ausgegangen, daß die Namensliste noch ein zweites Mal abgestimmt werde, begründete von Schönfeldt gestern gegenüber der taz ihren Sinneswandel. In Wirklichkeit war Annelene von Schönfeldt von ihrem Fraktionsvorsitzenden Heinrich Welke zurückgepfiffen worden. Welke und auch Wirtschaftssenator Claus Jäger hatten erhebliche Bedenken gegen die Liste der neuen Fachleute. „Überwiegend Leute, die es für Unsinn halten, daß es Gymnasien gibt“, so das Urteil der Liberalen, nachdem sie in den Werken der Erziehungswissenschaftler geblättert hatten. Da war der Verdacht nahe, daß „durch die Zusammensetzung der Koalitionsvertrag ausgehebelt werden soll“, wie Claus Jäger gestern gegenüber der taz formulierte.
„Sauer und verärgert“ über die „internen Abstimmungsprobleme der FDP“ ist jetzt die SPD- Bildungssprecherin Bringfriede Kahrs. Der Gegenvorschlag der Liberalen — Verkleinerung der Kommision auf sechs Mitglieder und Vorschlagsrecht der FDP für drei Stühle, sowie ein Mitglied aus den Reihen des gymnasi-
umsfreundlichen Philologen- Verbandes — kommt für Kahrs nicht infrage.
„Die haben 9,5 Prozent und wollen 50 Prozent bestimmen“, mokierte sich auch der Grüne Bildungsdeputierte Wolfram Sailer über die FDP-Alternative. Eine solche Kommission müsse nach Fachwissen und nicht nach Parteienproporz zusammengesetzt sein und das sehe auch die FDP- Sprecherin der Bildungsdeputation so. Sailer: „Wir wollen, daß das so erhalten bleibt.“
Auch in der Bildungsbehörde gibt es Ärger über die „wortbrüchige FDP“. Auf Nachfrage befürchtete der Sprecher der Behörde, Werner Alfke, daß der enge Zeitplan nicht eingehalten werden könne. Außerdem könne es passieren, „daß einige abspringen, wenn sie durch die politische Mühle gezogen werden.“
So schwarz sieht Annelene von Schönfeldt die Zukunft der von ihr jetzt abgelehnten Liste nicht. Es handele sich lediglich um „Anfangsschwierigkeiten der Ampel.“ Da seien die „Kompetenzen durcheinandergeraten“. Bei dem „Verhandlungsspielchen“, das jetzt im Koalitionsausschuß fortgesetzt wird, könne es nun wieder zu einem Kompromiß kommen. Schönfeldt: „Ich setze auf den Koalitionsausschuß, weil Herr Welke da eingebunden ist.“ hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen