Steuergeschenk für Millionäre

■ Grüne: 400 Millionen Mark werden in diesem Jahr an Spitzenverdiener verschleudert

Berlin. Trotz angespannter Haushaltslage verzichtet Finanzsenator Elmar Pieroth freiwillig auf mögliche Einnahmen in Höhe von 250 Millionen Mark. Bundesfinanzminister Theo Waigel läßt sich 150 Millionen Mark entgehen. Das behauptet der Grünen-Abgeordnete Bernd Köppl. Statt dessen würden, so Köppls Kritik, mit diesem Geld Spitzenverdiener in West-Berlin subventioniert. Sie profitierten nach wie vor von der Einkommensförderung nach dem Berlinförderungsgesetz. Die Bundesregierung hatte im Sommer 1991 beschlossen, diese schrittweise bis 1994 abzubauen. Doch auch die nun spärlicher fließenden Subventionen aus Bonn sind, nach Köppls Ansicht, ungerecht verteilt. Besserverdienende würden nach wie vor überproportional begünstigt.

Der Grüne rechnet vor, daß zum Beispiel der neue Chef der Olympia- GmbH, Axel Nawrocki, bei einem Jahressalär von 360.000 Mark mit 26.000 Mark vom Staat subventioniert wird, hingegen ein Facharbeiter mit 50.000 Mark Jahreseinkommen nur 2.500 Mark kassiert. In West-Berlin leben etwa 5.000 Personen, die, wie Nawrocki, mehr als 250.000 Mark im Jahr vedienen, 500 davon können sich zu den Einkommensmillionären zählen. Diese Millionäre würden durchschnittlich mit 100.000 Mark vom Staat gefördert, das sei mehr als das Dreifache des derzeitigen Durchschnittseinkommens in Ost-Berlin. Die Gesamtsumme der staatlichen Subventionen für die Einkommensmillionäre beziffert Köppl auf 50 Millionen Mark, 250 Millionen werde für den Personenkreis aufgewandt, der mehr als 250.000 Mark jährlich verdient.

Für Ost-Berliner, so die Einschätzung des Abgeordneten, sei es schwer zu verkraften, daß reiche West-Berliner zusätzlich Steuergelder bekommen. Zudem würden bei der geltenden Reduzierung der Berlinförderung Minderverdienende stärker belastet als die hohen Einkommensgruppen. Die Grünen haben deshalb einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, in dem der Senat aufgefordert wird, eine Bundesratsinitiative zur Änderung der Einkommensförderung zu ergreifen. Danach soll der Förderhöchstbetrag auf 3.000 Mark jährlich begrenzt und in den nächsten Jahren schrittweise abgesenkt werden. Diese Summe entspricht einem Jahreseinkommen von 60.000 Mark. Das Einkommenssteueraufkommen in Berlin würde dadurch, nach Schätzung der Grünen, um 400 Millionen wachsen, wovon Waigel 42 Prozent und Pieroth 58 Prozent kassieren könnte. Wenn der Senat und der Bundesrat zügig arbeiten, so Köppls optimistische Schätzung, könnte eine entsprechende Gesetzesänderung bis Mitte des Jahres verabschiedet werden. Allerdings sind die Grünen mit dem gleichen Vorhaben schon einmal vor einem Jahr im Abgeordnetenhaus gescheitert. dr