Zweifel an Nato-Partnerin Türkei

■ Menschenrechtslage „nicht in allen Bereichen befriedigend“, so Staatsminister im Auswärtigen Amt

Berlin (taz/dpa) — Vorsichtig, aber vernehmbar äußerte die Bundesregierung am Donnerstag abend im Bundestag Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in dem Nato- Partnerland Türkei. Einen Tag nach den bislang nicht bestätigten Meldungen über 500 Tote nach Bombardements der türkischen Armee in Kurdistan erklärte Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bei einer insgesamt positiven Entwicklung unter der neuen Regierung Demirel könne die „Menschenrechtslage in der Türkei nicht in allen Bereichen befriedigen“. Gleichzeitig zeigte er Verständnis dafür, daß sich die türkische Regierung gegen terroristische Gruppen zur Wehr setze [mit der Luftwaffe oder was!? d.K.]. Von „Mängeln bei den Menschenrechten“ sprach auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Hans Stercken (CDU), wenngleich große Fortschritte erreicht seien. Ausgelöst hatte die Türkeidebatte im Bundestag eine Große Anfrage der PDS/Linke Liste-Abgeordneten Ulla Jelpke. Darin hatte Jelpke nicht nur Lageeinschätzungen, sondern auch Informationen über deutsch-türkische Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere deutsche Waffenlieferungen an den Bosporus verlangt.

Die Antwort der Bundesregierung enthält unter anderem eine beeindruckend lange Liste von Waffen, die die Bundesrepublik der Türkei zum Teil umsonst (im Rahmen der „Rüstungssonderhilfe“) zuschickt, darunter Panzer, Flugabwehrhandwaffen und Munition. Weitergegangen ist im vergangenen Jahr auch die deutsche Hilfe bei der Ausbildung türkischer Sicherheitskräfte. Unter anderem wurden „türkische Gäste“ in die interne Ausbildung der GSG 9 integriert. Zur Bekämpfung „kurdischer Separatisten“ seien die Türken jedoch nicht ausgebildet worden, denn das gehöre „nicht zum Ausbildungsprogramm des Bundesgrenzschutzes“, heißt es in der Antwort. Auch macht die bilaterale Zusammenarbeit nach Ansicht der Bundesregierung nicht „mitverantwortlich“ für Folter, Verfolgung und Unterdrückung in der Türkei. Vielmehr zeigte sich die Bundesregierung überzeugt, „daß nur dieser Weg geeignet ist, diejenigen Kräfte in der Türkei zu unterstützen, die sich in ihrem eigenen Land den gleichen Zielen und damit auch einer vollen Verwirklichung der Menschenrechte verpflichtet fühlen“.

Für den von der SPD-Abgeordneten Monika Ganseforth und Jelpke geforderten Stopp der Waffenlieferungen gab es keine Mehrheit. dora