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Organspende-Gesetz

■ betr.: "Bringschuld" (Debatte um Organspenden ist erneut entbrannt), taz vom 17.1.92

betr.: „Bringschuld“ (Debatte um Organspenden ist erneut entbrannt), taz vom 17.1.92

[...] Mir leuchtet die Notwendigkeit eines Gesetzes ganz und gar nicht ein, und ich wende mich entschieden dagegen aus folgenden Gründen:

1.Warum ein Gesetz, also Zwang für jeden? Wer Organspender sein möchte, kann das unbehindert jederzeit verfügen.

2.Wer stellt sicher, daß der Wille eines Nichtspendewilligen wirklich berücksichtigt wird? Daß nicht tödliche Ausgänge gebilligt, wenn nicht billigend herbeigeführt werden, wenn das potentielle Spendeorgan gerade „paßt“ und ein guter Handel damit ins Haus steht?

3.Leib und Seele sind eins. Die psychosomatische Medizin berücksichtigt das seit langem. Jede/r von uns weiß, wie Gedanken und Gefühle physische Prozesse beeinflussen. Ist ein Organ irgendein Stück Materie, austauschbar wie ein Ersatzteil?

4.Der Mensch ist kein Auto. Heilung kommt nicht aus dem Ersatzteillager. Verstärkte Möglichkeiten zur Organtransplantation lenken den Blick in eine bedenkliche Richtung der Medizin: „Alles ist machbar, Herr Nachbar!“ Statt Vorsorge und verstärkter Wachsamkeit in Umweltschutz, Sozialwesen und Ernährung: der Griff ins (kerngesunde?) Ersatzteillager.

5.Je mehr Organe auf Lager, desto ungehemmter die Experimentierfreude in den Labors der Kliniken und Industrie. Das Ziel? Der „unsterbliche“ Organismus, mit Organen, die beliebig unendlich oft ausgetauscht werden können?

6.Wer redet von den Kosten, angesichts der oft beschrienen Kostenexplosion im Gesundheitswesen? Organhandel ist die unausbleibliche Folge, einige kassieren für das, was andere kostenlos „vererben“ (müssen). Da droht eine neue Zweiklassenmedizin: wer sich's leisten kann, lebt — runderneuert — weiter oder wieder einmal: Weil du arm bist, mußt du früher sterben...

7.Wo bleibt die Eigenverantwortlichkeit des Menschen für seinen Körper zu Lebzeiten, wenn es „doch Ersatz“ für alles mögliche gibt? Wo bleibt aber auch das Recht auf Menschenwürde, als das Wesen, das ganz auf die Welt kam, sie auch wieder ganz zu verlassen?

Keine „Expertenkommission“ hat das Recht, über meinen Körper zu bestimmen. Vorhaben wie dieses Gesetz oder die Einführung des „elektronischen Krankenscheins“ verstoßen gegen die Menschenwürde. [...] Ursel Fuchs, Düsseldorf

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