: WestLB expandiert Richtung Norden
■ Nordrhein-Westfalens expansionshungrige Staatsbank soll an der Kieler Landesbank beteiligt werden
Kiel/Berlin (afp/taz) — Das Land Schleswig-Holstein will zuerst mit der Westdeutschen Landesbank (WestLB) über eine Beteiligung an der Kieler Landesbank verhandeln. Das beschlossen das Kabinett und die Verbandsversammlung des Sparkassen- und Giroverbandes am Mittwoch nachmittag in getrennten Sitzungen. Die Sparkassen des nördlichsten Bundeslandes sollen auch im Fall eines Teilverkaufs der Landesbank Schleswig-Holstein Mehrheitsgesellschafter bleiben.
Ursprünglich hatte die nordrhein- westfälische Staatsbank WestLB eine Mehrheitsbeteiligung angestrebt, sich dann aber zu Beginn dieser Woche auf eine Beteiligung unter 50Prozent herunterhandeln lassen. Die Sparkassen von Mecklenburg- Vorpommern sollen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, sich in der Landesbank zu engagieren.
Unter Führung der für Landesbeteiligungen zuständigen schleswig- holsteinischen Finanzministerin Heide Simonis (SPD) sollen in den nächsten Wochen Verhandlungen mit der WestLB über die Ausgestaltung der Beteiligung geführt werden. „Es ist unser ehrgeiziges Ziel, diese Verhandlungen möglichst bis zur Öffnung des EG-Binnenmarktes am 1.Januar 1993 abzuschließen“, sagte Ministerpräsident Björn Engholm (SPD). Grundlage der Beteiligung soll ein Staatsvertrag zwischen Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen sein.
Die niedersächsische Landesbank NordLB, die sich ebenfalls um eine Beteiligung in Kiel beworben hat, will nach den Worten ihres Vorstandsvorsitzenden, Manfred Bodin, in die Warteschleife gehen und zusehen, wie sich die Verhandlungen zwischen Kiel und Düsseldorf gestalten.
Nach wie vor ist der NordLB- Vorstand davon überzeugt, daß die Landesbank in Kiel in einem Verbund der Norddeutschen Landesbanken mit Hamburg, Bremen und Niedersachsen unter Einbeziehung von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg- Vorpommern besser aufgehoben sei. Die „Nordlösung“ sei eine optimale Verbindung und gebe in Norddeutschland einen Finanzverbund mit einer Bilanzsumme von rund 230 Milliarden DM.
Die Kieler Landesregierung bevorzugte jedoch die internationalere Lösung vor der norddeutschen. Seit einigen Jahren befindet sich die WestLB, die mit einer Konzernbilanzsumme von über 200 Mrd. Mark (1990) das mit weitem Abstand größte öffentlich-rechtliche Kreditinstitut ist, auf Expansionskurs Richtung EG-Binnenmarkt. Im bevölkerungsreichsten Bundesland besitzt sie in ihren Funktionen als Staatsbank, Kommunalbank und Zentralbank der Sparkassen erheblichen Einfluß auf die Strukturpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen.
In dem geplanten Verbund soll das Kieler-Institut für das Skandinaviengeschäft zuständig sein. Außerdem erklärte sich die WestLB zu einer Arbeitsplatzgarantie bereit, während die NordLB „im Rahmen der Fluktuation“ Arbeitsplätze abbauen wollte. Auch herrschten in Kiel Befürchtungen, daß die NordLB mit ihrem Konzept der norddeutschen Regionalbank dem Kieler Institut jegliches unternehmerische Handeln ganz aus den Händen nehmen würde. dri
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen