: Armee Aserbaidschans greift Karabach an
Moskau (afp) — Die aserbaidschanischen Streitkräfte haben am Freitag mittag (10 Uhr MEZ) eine Großoffensive in der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Enklave Nagorny-Karabach eröffnet. Wie das russische Fernsehen berichtete, startete eine panzergestützte Offensive von Agdam aus in Richtung der Gebietshauptstadt Stepanakert. Nach Angaben von örtlichen Journalisten beteiligen sich mehrere tausend Soldaten an dem Vorstoß. Dies bestätigte auch die russische Nachrichtenagentur 'Nega‘. Laut 'Nega‘ gab es bereits kurz nach Beginn der Offensive erste Opfer. Das Innenministerium Berg- Karabachs sprach von „mehreren Toten“. Es bezifferte die Zahl der Angreifer auch nur auf fünfhundert Soldaten. Der Ort Chramot sei eingenommen worden. Daraufhin hätten die Armenier die Dörfer in Nachitschewanik und die Stadt Askeran verteidigt.
Der aserbaidschanische Präsident Ajas Mutalibow hatte am Donnerstag eine schnellstmögliche Truppenverstärkung in Nagorny-Karabach gefordert. Zwei Tage zuvor waren beim Abschuß eines aserbaidschanischen Zivilhubschraubers über der armenischen Enklave etwa vierzig Menschen umgekommen. Nach Angaben der Moskauer Nachrichtenagentur 'Interfax‘ machte die nationalistische Volksfront Aserbaidschans armenische Rebellen für den Abschuß verantwortlich.
Unterdessen beschlossen die 48 Staaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Prag die sofortige Entsendung einer Berichterstattermission nach Nagorny-Karabach. Die Mission soll dem Ratspräsidenten, dem tschechoslowakischen Außenminister Jiri Dienstbier, innerhalb von 21 Tagen über die Lage in Nagorny-Karabach Bericht erstatten. Das armenische Gebiet war unter Stalin in den 20er Jahren Aserbaidschan zugeschlagen worden. Als die Bewohner Nagorny-Karabachs und die Führung in Eriwan den Anschluß der Region an Armenien forderten, kam es im Frühjahr 1988 zu blutigen Zusammenstößen zwischen Armeniern und Aserbaidschanern, die pogromähnliche Ausmaße annahmen. Mehr als 300.000 Menschen flüchteten wegen des Nationalitätenkonfliktes nach Armenien beziehungsweise Aserbaidschan.
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