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Mehr daneben als ins Tor

■ Türkiyemspor gewinnt im Pokal bei Union nach Elfmeterschießen 5:6

Köpenick. Union Berlin, der Tabellenführer der Oberliga Mitte, empfing im Achtelfinale des Paul-Rusch- Pokals den zweimaligen Cupgewinner und Titelverteidiger Türkiyemspor.

»Fußball kennt keine Hautfarbe« stand auf einem der zahlreichen Türkiyemspor-Transparente, aber weite Teile der Union-Anhänger hatten klare Vorstellungen, wie mit ausländischen Mitbürgern zu verfahren sei. Zu allem Überfluß schienen die Spieler beider Mannschaften überdies willens, die ohnehin aufgeheizte Stimmung noch weiter zu verschärfen, man spielte so unfair es eben ging. In der Anfangsphase war Türkiyem stark überlegen, Hamids Kopfball konnte der Union-Torwart Pieckenhagen gerade noch halten. Die größte Union-Chance hatte in der 33. Minute Placzek, Sparrey klärte aber noch auf der Linie.

Fünf Minuten nach Wiederanpfiff fiel dann der erste Treffer: Sparrey fällte den Unioner Besser völlig unnötig im Strafraum, Adamczewski konnte per Foulelfmeter ohne Probleme einlochen. Auf beiden Seiten matschte man jetzt ziemlich konfus vor sich hin, die Türkiyem-Zuschauer sahen schon schwarz und machten sich resigniert auf den Nachhauseweg, konnten aber gleich wieder umkehren: Acht Minuten vor Schluß schaffte Akcay durch einen 18-Meter-Freistoß und mit Hilfe des gegnerischen Torwarts den Ausgleich. Kurz vor dem Seitenwechsel in der Verlängerung, die bis dahin beide Mannschaften ausgeglichen uneffektiv gesehen hatte, konnte Henschel das 2:1 für Union erzielen. Soweit war dieses Ergebnis eigentlich voraussehbar, ist doch Union bisher die konstanteste Mannschaft in der Liga, die zudem noch entscheidende Vorteile in sich begründet hat: alle Positionen können im Bedarfsfalle doppelt besetzt werden, im Tor verfügt man gar über drei geeignete Spieler. Wieder machten sich die Türkiyemspors traurig auf gen Ausgang, während der eklige Teil des Union-Anhangs dies zum Anlaß nahm, sich weiterhin unbehelligt schlecht zu benehmen. Aber die Strafe folgte umgehend: Nach einem schönen Zuspiel von Hamid auf Klein erzielte der in der letzten Minute das 2:2. Elfmeterschießen war angesagt. Beide Mannschaften begannen nervös, der Union-Torwart Pieckenhagen konnte zwei gegnerische Schüsse ( Agca und Aksay) abwehren, der deutsche Mob frohlockte und machte sich daran, die vermeintlich Unterlegenen zu verhauen. Die Kreuzberger aber behielten die Nerven: Nach Fehlversuchen von Henschel und Adamczewski schoß auch Mencel übers Tor hinaus, während die Nummer 2 der Türkiyemspors, Cakal, cool traf. Jetzt war es an den Unionern, bedrückt den Nachhauseweg anzutreten, sich mit dem Gedanken tröstend: »Die können eben auch Fußball spielen.« Wer hätte das gedacht? Elke Wittich

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