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Gemeinsame Verarbeitung unmöglich gemacht

■ betr.: "Linke Krankheit Dogmatismus", taz vom 29.1.92

betr.: dito

Daß die Enttäuschung der Redaktion über die Enttarnung von Till Meyer groß ist (siehe Tagesthema 27.1.), ist verständlich. Wenn dabei eine Verurteilung des ehemaligen taz-Mitarbeiters emotional geprägt ist, ebenso. Daß es aber am nächsten Tag Gerd Nowakowki möglich ist, zum Rundumschlag gegen die Krankheit(!) Dogmatismus der Linken auszuholen, ist wenig verständlich.

Wenn ich schon keine eigene politische Reflexion und auch keine psychologische Fragestellung von der taz erwarte, was einen Menschen dazu bringt, so etwas zu tun, so entsetzt mich doch der niveaulose, haßerfüllte und oberflächliche Stil dieses Kommentars.

Die Undifferenziertheit der Behauptungen wie »zutiefst stalinistisches Denken der westdeutschen Linken« (als wenn es nicht zahlreiche linke Organisationen gegeben hätte, die die DDR-Politik kritisiert haben), die politische falsche Gleichsetzung der Behauptung von einer »Doppelmoral der strikten Gewaltfreiheit neben dem Engagement für den bewaffneten Kampf« (als wenn es niemals massive Diskussionen und Differenzen über diese beiden Positionen — ich meine das gesamte Spektrum — gegeben hat), wird auch nicht durch sich wiederholende Steigerungen wie »höchst selten«, »überhaupt noch«, »gehört zur Historie« richtiger.

In solcher (schlechten) journalistischen Art und Weise wird eine eventuelle gemeinsame Verarbeitung unmöglich gemacht! Auf welchem Fundament steht Gerd Nowakowski? Vielleicht war ja Gerd Nowakowski bis jetzt noch nie für den bewaffneten Kampf eingetreten, vielleicht hat er auch nie auf ein anderes Zusammengehen der beiden deutschen Staaten gehofft. Politische Widersprüche, Fehler und Fehlentscheidungen können ja nur aus schizophrenen, kranken (linken) Hirnen kommen. Insofern ist Gerd Nowakowski wohl ein guter Rechter? Ronald Haas, Berlin 21

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