Bund drängt HUB aus der Innenstadt

■ Die Naturwissenschaften der Humboldt-Universität werden nach Adlershof ausgelagert Bei der Diskussion um die künftigen Standorte der Universitäten zeigten sich düstere Perspektiven

Berlin. Nach den Worten der hochschulpolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Grüne, Marlies Dürkop, wird die Berliner Hochschulpolitik derzeit gerade von 20 »eingeflogenen Wissenschaftlern« gemacht, die mit den »Planungsaufgaben heillos überfordert sind«. Die Diskussion um die künftigen Standorte der drei Berliner Universitäten, jetzt noch hypothetisch geführt, zeigt aber, in welche Richtung von Bundesregierung und Senat gedacht wird. So hatte der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Volker Hassemer (CDU), vorgeschlagen, die Technische Universität (TU) nach Oberschöneweide und Adlershof zu verlagern. Für die Freie Universität (FU) wurde erwogen, sie einfach nach Teltow zu verlegen. »Völlig absurd« nennt der Asta der FU solche Vorschläge.

Für die Humboldt-Universität (HUB) wird die Absurdität Wirklichkeit: Auf Empfehlung der Landeshochschulstrukturkommission hat der Akademische Senat der HUB beschlossen, die naturwissenschaftlichen Fachbereiche nach Adlershof auszulagern.

Auf der Diskussion zum Thema »Welcher Platz bleibt für die Hochschulen in der Hauptstadt?«, zu der die Fraktion Grüne/Bündnis 90 und die Studentenvertretungen der drei Universitäten am Donnerstag abend geladen hatten, wurden gegen diesen Beschluß als Ausdruck einer künftigen Hochschulpolitik schwere Vorwürfe erhoben. Thomas Neie vom Studentenrat der HUB kritisierte zwar die räumliche Trennung als große Belastung für die Studierenden. »Viel schwerer wiegt jedoch der Riß, der sich zwischen Natur- und Geisteswissenschaften abzeichnet.«

Weil die Räumlichkeiten der HUB nicht für den Universitätsbetrieb ausreichen, befürworten die Fachbereiche den künftigen Standort, erklärte HUB-Prorektor Ulrich Reinisch, »doch ich wage nicht zu bedenken, wann ein Universitätsgelände in Adlershof fertiggestellt sein wird.« So hält auch Hilde Schramm, ehemalige Abgeordnete der AL, die zeitliche Perspektive für essentiell. Der Standort Adlershof könnte frühestens in zehn Jahren fertiggestellt sein. Doch bis dahin werde der Uni immer mehr Raum verlorengehen.

Neben privaten Restitutionsansprüchen gefährdet vor allem der Streit zwischen dem Bund und dem Land Berlin um die Rechtsnachfolge der ehemaligen preußischen Besitztümer die universitäre Nutzung vieler Gebäude. Selbst auf die Hauptgebäude, so Schramm, habe der Bund schon einen begehrlichen Blick geworfen. Prorektor Reinisch stellte fest, daß der Universität genügend Raum zur Verfügung stünde, würde der Bund nicht auch das Gelände der ehemaligen Friedrich-Engels-Kaserne für sich beanspruchen. Auch die FU muß zahlreiche Villen, die sie bisher genutzt hatte, an den Bund übergeben.

»Der Bund greift wie eine Krake in die Stadt«, kommentierte der Vizepräsident der TU, Ulrich Steinmüller, die Ansprüche der Bundesregierung. Friedemann Kunst, Vertreter der Umweltsenatsverwaltung, betonte zwar, daß seine Behörde auf keinen Fall eine Verdrängung der Humboldt-Uni wolle, es sei »jedoch eine andere Frage, welche Entwicklungsmöglichkeiten die Universitäten an den jeweiligen Standorten haben«. Für Schramm wären sie ausreichend, wenn die Universität nur ihre eigenen Gebäude besser ausbauen und nutzen dürfte. Doch ständig neue Ansprüche würden dies verhindern. Ihr Fazit: »Hinhaltepolitik ist Verdrängungspolitik.« Thekla Dannenberg