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In der Hauptstadt kein Platz für Frauen

■ Frauen werden bei der Metropolenentwicklung in der Stadtplanung an den Rand gedrängt, ergab das Stadtforum »Frauen planen für Berlin«/ Frauen verlangen Abteilungsleiterstelle beim Bausenat

Berlin. »Männer«, sagt Wilma Glücklich, Leitungsreferentin des Senators für Stadtentwicklung, »Männer denken immer nur an männliche Büros, wenn sie Aufträge vergeben.« Und auf den Stellen in der Verwaltung, die Aufträge vergeben, sitzen auch nur Männer. So schließe sich der Kreis.

Daß Frauen in der Stadtplanung unterrepräsentiert sind, war eine, wenn auch nicht neue, Erkenntnis auf der Tagung »Frauen planen für Berlin« am Samstag auf Einladung von Frauensenatorin Christine Bergmann. Dafür waren auf der seit Oktober letzten Jahres terminierten Tagung Männer weniger präsent als gewünscht: Sowohl Glücklichs Staatssekretär Wolfgang Branoner (CDU) wie auch Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) sagten kurzfristig ab, wobei letzterer wenigstens seinen Staatssekretär Frank Bielka schickte.

Frauen, hieß es, würden von der Metropolenentwicklung an den Rand gedrängt: Von den Dienstleistungszentren in Mitte in die mit hoher Arbeitslosigkeit geschlagenen Schlafstädte wie Marzahn. Dies dürfe man, so die Baustadträtin von Mitte, Dorothee Dubrau, nicht schicksalsergeben hinnehmen. Dabei mache auch die Treuhand Stadtplanungspolitik gegen Fraueninteressen: Grundstücke, die für soziale Infrastruktur — Kitas, Spielplätze oder Schulen — gebraucht würden, würden von der Treuhand an Gewerbebetriebe vergeben — selbst, wenn sie in Wohngebieten lägen.

Die Frauen im Osten sind von der derzeitigen Umwälzung besonders betroffen, so Senatorin Bergmann. Der Arbeitsplatzabbau treffe vor allem sie. Von zu DDR-Zeiten neun Stadtarchitektinnen Ost-Berlins sei etwa gerade mal eine Stadtplanungsamtsleiterin geworden, so die Stadtplanerin Franziska Eichstädt. Und schließlich hätten alleinerziehende Frauen in Ost wie West auf dem Wohnungsmarkt schon jetzt keine Chance.

Der einzige, unruhig herumrutschende Mann auf dem Podium, Staatssekretär Bielka, übernahm die Rolle des Advocatus Diaboli. Er verwahre sich dagegen, daß das »Dienstleistungszentrum Berlin als schreckliche Vision« gewertet würde. »Wir brauchen Investoren, denn die bringen Steuern — und davon können Kindertagesstätten gebaut werden«, sagte er. Bielka war schon im Gehen begriffen, als Christine Hannemann von Frauenbeirat in der Senatsbauverwaltung einfiel, daß demnächst eine Abteilungsleiterstelle beim Bausenator frei würde. Die, schlug sie vor, solle Nagel mit einer Frau besetzten. Warum nicht: Ein Bausenator, der schon mal eine Abteilungsleiterstelle für einen Ingenieur mit einem Soziologen besetzte, sollte sich, so er es mit der Frauenförderung ernst meint, auch fürderhin nicht von formalen Kriterien behindern lassen. esch

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