: Fernsehmüsli statt Kabelsalat
■ RIAS-TV geht, Sat.1 kommt über Antenne: Frühstücksfernsehen in Berlin
Vorbei die seligen (Radio-)Zeiten, als es noch „Himbeereis zum Frühstück und Rock 'n Roll im Fahrstuhl“ gab, denn jetzt ist schon morgens um sieben die Welt nicht mehr in Ordnung: Seit heute, 6 Uhr, sendet Sat.1 auch für Berlin- und Brandenburg- Bewohner sein Frühstücksfernsehen terrestrisch auf Kanal 25, der ehemaligen RIAS-TV-Frequenz. Wäre es nach Sat.1-Geschäftsführer Jürgen Doetz gegangen, gäbe es in dieser Region schon seit Beginn des Jahres ein ganz privates Guten Morgen mit Sat.1, das über die Antenne zu empfangen ist. Doch habe man sich beim RIAS gewehrt, gemeinsam mit Ost- Programmen abgewickelt zu werden, berichtete Doetz vor der Presse.
Fünf Millionen Menschen könnten nun, wenn sie „nicht so allein sein und informiert sein wollen“ (Sat.1- Chefredakteur Michael Rutz), Sat.1 frühstücken. Doch viele lehnen morgendlichen Fernsehkonsum ab, denn hierzulande gilt vielerorts noch die Benimmregel „Man sieht beim Essen nicht fern“, sagte Rutz. Die drei Millionen, die's dennoch tun, muß sich der Sender mit der RTLplus- Konkurrenz teilen.
Längst gibt sich der Privatsender nicht mehr mit dem Unterhaltungsanspruch zufrieden: Mit „menschlich vermittelter Information“ — so Frühstücks-TV-Leiter Sieghart Eisele — kämpft man um die Gunst der Schlaftrunkenen. Dabei gehören „Leichen nur in Ausnahmefällen auf den Frühstückstisch“, sagte er.
Statt dessen hat man ein Fernsehmüsli aus Tennis, Bingo, Telebörse und Kochrezepten angerichtet. Die TV-Häppchen verabreichen lächelnde Teleschwestern in einer Moderatorentracht in vielen bunten Farben. Auch Gernot Wasmann von RIAS-TV tummelt sich von heute an als Moderator in der privaten „Newslandschaft“. Für Unersättliche besteht die Gefahr, sich mit Hilfe eines Frühsatirikers den Magen zu verderben, der beispielsweise über eine Gesäßbreitenreform referiert.
Für Sat.1, das gerade im Begriff ist, mit Sack und Pack nach Berlin überzusiedeln, ist mit der Frequenzentscheidung Berlin endgültig zur Hauptstadt geworden. Auch um die neuen Bundesländer wolle man sich jetzt verstärkt kümmern und die Chance am Schopfe fassen, die die öffentlich-rechtlichen Sender versäumt hätten. SaJa
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