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Oh, bring back my Bonnie

Die US-Amerikanerin Bonnie Blair gewann beim 500-Meter-Eisschnellauf Christa Luding holte ihre fünfte Olympiamedaille, zur Abwechslung war's diesmal eine bronzene  ■ Aus Albertville Matti Lieske

„Blade 'em Bonnie“, forderte unmißverständlich eines der zahlreichen Transparente, die US-amerikanische Zuschauer an der Bande der Eisschnellauf-Arena von Albertville drapiert hatten. Bei der jungen Dame, die ihre Gegnerinnen über die Kufenklinge springen lassen sollte, handelte es sich um Bonnie Blair, Olympiasiegerin über 500Meter von Calgary und auch im Eisoval von Albertville die große Favoritin.

Nach dem Gewinn der Goldmedaille von 1988 hatte sie wegen ihres Studiums zwei Jahre lang nicht mit vollem Einsatz übers Eis hetzen und nach dem Doppelsieg bei der WM von Heerenveen im Februar 1989 keine große Siege mehr feiern können. Auch 1991 lief es nicht, obwohl sie wieder so viel eislaufen konnte, wie sie wollte. Bei der WM in Inzell ging Bonnie Blair leer aus. „Das war ein sehr frustrierendes Jahr.“

In diesem Winter jedoch war sie bis zu den Olympischen Spielen kaum zu schlagen. „Endlich wieder die alte Bonnie“, jubilierte sie und brauste im fünften Lauf des olympischen Wettkampfes in vollendetem V-Stil mit harmonischen, raumgreifenden Gleitbewegungen die Geraden entlang. In den Kurven glänzte sie mit einer perfekt vorgetragenen X-Technik, bei der ihre Kufen in hackmesserartigem Stakkato aufs Eis trommelten. Blade 'em Bonnie!

Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 44,6Stundenkilometern durcheilte sie die Strecke in 40,33 Sekunden und gewann damit Gold vor der Chinesin Ye Qiaobo und der 32jährigen Christa Luding, die bei ihren fünften Olympischen Spielen (viermal Winter, einmal Sommer) ihre fünfte Medaille (vier im Eisschnellaufen, eine im Radfahren) kassierte. Eine bronzene hatte die Dresdenerin jedoch noch nicht in ihrer Sammlung, und so freute sie sich wie eine Schneekönigin über das etwas unerwartete Präsent. „Die ist mir ungefähr so viel wert wie die goldene von Calgary“, sagte sie, „weil sich der ganze Aufwand, den ich nach der Geburt meines Sohnes noch einmal betrieben habe, nun gelohnt hat.“ Auch der Zusammenbruch der DDR habe viel zu ihrem Erfolg beigetragen. „Im alten System wäre alles viel leichter gewesen, das hätte mich nicht so gereizt.“

Einen Platz unter den ersten Sechs hatte sich Christa Luding gewünscht, der Gedanke, Bonnie Blair schlagen zu können, war ihr allerdings nie gekommen. Wohl aber der Chinesin Ye Qiaobo. Sie rückt der US-Läuferin mit deren eigenen Mitteln zuleibe. Um die Technik zu verbessern, studierte sie Videos ihrer großen Konkurrentin.

Eine Methode, die Früchte trägt. „Sie verbessert sich ständig“, sagt Blair, „und wird noch sehr stark laufen.“ Diesmal kam die 27jährige US- Amerikanerin noch einmal davon, nach Meinung der gleichaltrigen Chinesin aber nur aufgrund einer Regelwidrigkeit ihrer Laufgegnerin Elena Tiutschniakowa. „Beim Bahnwechsel nach außen muß die langsamere Läuferin Platz machen. Das hat sie nicht getan.“ Dadurch sei sie behindert worden und habe die nächste Kurve nicht optimal nehmen können. „Bei regulären Bedingungen hätte ich gewonnen“, ist sich Ye Qiaobo sicher. „Ein Zehntel kostet so was schon“, bestätigt Christa Luding, „aber ob es zum Sieg gereicht hätte, weiß man nicht.“

Der glückseligen US-Gemeinde in Albertville waren solcherlei Nebensächlichkeiten ebenso wurscht wie die patzige Aussage ihres Bonnie-Darlings, daß sie erst einmal für sich und nicht für ihr Land laufe. Noch lange schallte ihr begeistertes „Oh, bring back my Bonnie to me“ in den unwirtlich kühlen Abendhimmel des Isere-Tales.

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