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Linke nimmt Abschied von Padre Llanos

Madrid (taz) - Drei Jahre nach dem Tod der „Passionaria“ muß die spanische Linke erneut von einer ihrer Leitfiguren Abschied nehmen. Am Montag starb in der Nähe von Madrid Padre Llanos, der „rote Vater“, ein jahrzehntelanges Beispiel für die Theologie der Befreiung.

1906 wurde Jose Maria Llanos in Madrid geboren und trat schon früh den Jesuiten bei. Studierte Chemie, Philosophie und Theologie, dann schloß er sich den Nationalkatholiken an. Als gebildeter Jesuit verkehrte er nicht nur mit den Größen des Franco-Regimes, sondern leitete sie sogar geistig. 1955, als der Pater fast 50 Jahre alt war, führte ihn sein Weg in den Pozo del Tio Raimundo, damals wie heute einer der armseligsten Slums von Madrid.

Hier lebten die Emigranten, die vor dem Hunger in Andalusien und Extremadura in die Hauptstadt geflüchtet waren. Tagsüber arbeiteten sie. Nachts errichteten sie ihre Hütten, die das Franco-Regime am Morgen wieder abreißen ließ. Padre Llanos ließ sich im Pozo nieder und machte ihn zu seiner neuen Heimat, die er nur während einiger Jahre des Exils verlassen würde. Er half, das Stadtviertel zu organisieren. Er verteidigte es gegen die Bulldozer, veranstaltete kulturelle Ereignisse und beriet die Einwohner. Das Viertel wurde zu einer der Keimzellen für die kommunistische Gewerkschaft Comisiones Obreras und zum Zentrum des kommunistischen Widerstands, der sich auf die anderen Slums im Süden von Madrid ausbreitete.

Der ehemals frankistische Pater, der mitten während der frankistischen Repression 1966 der Comisiones Obrera beigetreten war, wurde schließlich Mitglied der Kommunistischen Partei PCE. Er blieb es bis zu seinem Tod. In den letzten Monaten, als er das Sterben zu ahnen begann, übte Padre Llanos Selbstkritik: Er hätte zuviel befohlen im Pozo, klagte er, er sei autoritär und paternalistisch gewesen. Außerdem hätte er als Priester sich zuwenig um seine christliche Mission und zuviel um Politik gekümmert.

Er lebte bis zum Schluß bescheiden und zurückgezogen, als Beispiel für eine Kirche, die es immer weniger gibt. An seinem Sarg mischten sich am Montag abend im Pozo del Tio Raimundo Sozialisten, Kommunisten und die immer noch gebeutelten Slumbewohner. Antje Bauer

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