: Brandenburg: Zünglein an der Waage
■ Im Streit um das Steuerpaket der Bundesregierung verschiebt Brandenburg seine Entscheidung auf Freitag/ Auch der Berliner Senat will noch warten/ Bonner Koalition will nicht mehr nachbessern
Bonn/Potsdam (dpa/ap) — Im Streit um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer bleibt es spannend. Brandenburg will sein Abstimmungsverhalten über das Bonner Steuerpaket im Gegensatz zu vorherigen Ankündigungen jetzt erst am Freitag vor der Sitzung des Bundesrates endgültig festlegen. Darauf verständigten sich die Partner der Ampelkoalition von FDP, SPD und Bündnis 90 am Dienstag abend im Kabinett. Die Positionen in Potsdam waren unverändert: FDP und Bündnis 90 sind für die Annahme, die SPD zeigte sich noch unentschlossen. Ministerpräsident Stolpe erklärte, es dürfe kein „prinzipielles Nein“ zur Mehrwertsteuererhöhung geben, wenn Brandenburg eine finanzielle Beteiligung des Bundes in anderen Fragen wolle.
Die Bonner Koalition hat den Forderungen der SPD nach weiteren Verhandlungen über das umstrittene Steueränderungsgesetz am Dienstag eine endgültige Absage erteilt. „Änderungen wird es nicht geben“, erklärten führende Politiker von CDU/ CSU und FDP nach einem Koalitionsgespräch bei Bundeskanzler Helmut Kohl. Auf Antrag der CDU/ CSU soll der Bundestag am Freitag namentlich über das Steuerpaket abstimmen. Die Entscheidung über das Steuerpaket liegt jetzt weitgehend in der Hand der Brandenburger Landesregierung.
Das Land Berlin ist in seinem Abstimmungsverhalten zum Steuerpaket im Bundesrat weiter offen. Der Senator für Bundesangelegenheiten, Peter Radunski, sagte am Dienstag nach der Sitzung der Landesregierung, die Koalition aus CDU und SPD werde erst am Freitag morgen, vor der entscheidenden Sitzung der Länderkammer, in Bonn ihr Abstimmungsverhalten festlegen. Der CDU-Senator machte deutlich, daß die Christdemokraten dem Kompromiß des Vermittlungsausschusses zustimmen könnten, die SPD im Berliner Regierungsbündnis aber noch Schwierigkeiten habe. Da für die notwendige Stimmenzahl von 35 im Bundesrat auf jeden Fall noch ein SPD-regiertes Land zustimmen müsse, hänge die Entscheidung letztlich nicht von Berlin ab.
Niedersachsens Ministerpräsident Schröder (SPD) hat im Streit um das Steuerpaket seine Verhandlungsbereitschaft unterstrichen. In einem Brief forderte der SPD-Politiker Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) auf, seine Position „noch mal zu überdenken“. Niedersachsen sei „nach wie vor kompromißbereit“. Allerdings müsse Waigel tatsächlich auf die mehrfach genannten Bedingungen eingehen.
Das SPD/FDP-regierte Rheinland-Pfalz wird dem von der Bonner CDU/FDP-Koalition im Vermittlungsausschuß beschlossenen Kompromiß im Streit um das Steuerpaket am Freitag im Bundesrat nicht zustimmen. Diesen Beschluß faßte der sozialliberale Ministerrat.
Bremen wird bei der Bundesratssitzung am kommenden Freitag den Vorschlag des Vermittlungsausschusses zum Steuerpaket ablehnen und damit gegen die geplante Mehrwertsteuererhöhung stimmen. Das beschloß der Bremer Koalitionssenat aus SPD, Grünen und FDP am Dienstag einstimmig. Wie Bürgermeister Klaus Wedemeier mitteilte, lehnten alle Regierungsmitglieder den Vorschlag des Vermittlungsausschusses ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen