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Aufgenommen wie eine Tasse Kaffee

■ Douglas Kirkland: »Light Years« — im Amerikahaus

Geht es um Porträts, gibt es eigentlich nur zwei Arten von Fotografen: die einen, die mit der Aufnahme ihrem Modell schmeicheln, und die anderen, die das nicht tun. Douglas Kirkland gehört zweifellos zur ersten Sorte. »He's such a goody-goody«, zitiert das Begleitbuch zur Ausstellung einen Nichtfan des Fotografen. Das hat natürlich Vorteile, denn einerseits muß man die oft reichlich kapriziösen Berühmtheiten von Film und Showbühne überhaupt erst mal vor die Kamera bewegen, und zweitens müssen die fertigen Bilder an eine moralisch und formal streng kodififierte Hochglanzpresse verkauft werden. Helmut Newton scheiterte bei Vogue einmal deshalb, weil auf seinen Photos Achselhaar zu sehen war.

Aber Douglas Kirkland, 1932 in Toronto geboren, in einem kleinen Kaff in der kanadischen Provinz aufgewachsen, erst spät, nachdem er schon Frau und Kind hatte, kurz als Assistent bei Irving Penn in Manhatten gelandet und heute gut im Geschäft, ist kein Maniac wie Helmut Newton.

Seine Fotos sind sauber. Das kann man auf den bis in die letzte Pore ausgeleuchten Aufnahmen von Catherine Deneuve, Audrey Hepburn oder Brigitte Bardot sehen. Alle diese Bilder zeigen das Kopfporträt in einer Art Nullzustand, aufgenommen wie eine Tasse Kaffee in der Anzeigenwerbung, ganz im Glanz des schönen Scheins. Wer lesen kann, der lese in der Physiognomie der makellosen Erscheinung.

Mehr als ein Lächeln, wie bei Dustin Hoffmann, oder der »böse Blick« eines Orson Welles wird dem Betrachter nicht geboten, um etwas über den so Abgebildeten zu erfahren. Der Blick prallt gleichsam ab am Glanz der Oberflächen. Diese Art Glamour optimal ins Licht zu setzen, fehlt es Douglas Kirkland nicht an handwerklicher Meisterschaft. Aufklärung bis zum Nichts herrscht bei ihm, wo kein Dunkel der Figur noch so etwas wie Tiefe geben könnte. Zwar können wir im Gesicht von Audrey Hepburn jedes Härchen zählen, aber das Menschliche bleibt seltsam abwesend: Ikonen der Makellosigkeit, der Berühmtheit und des Ruhms. Die Aura der Namen und das Image der Stars ist immer schon da, schon bevor wir das Porträt überhaupt sehen.

Neben diesen im Studio, mit Mittelformat und Stativ entstandenen, eher statuarischen Fotos gibt es bei Douglas Kirkland noch einen zweiten Stil. Hier bedient der Fotograf die Erwartung an die Rolle der Stars. Die Aufnahmen sind Inszenierungen des »Image«, wie wir es aus den Filmen kennen. Kirkland erreicht das durch Kostüm, Handlung und Hintergrund. Oft ist das ganze Drumherum einfach der Set, in dem die Stars gerade ihre Kinofilme abdrehen. So ist John Lennons Porträt kaum mehr als ein Standfoto aus Wie ich den Krieg gewann, nur sein Grinsen fällt aus der Rolle. Dennis Hopper spielt wie üblich den Out-cast, in der Wüste mit verkiffenem Blick in die Ferne und den Cowboyhut auf dem Kopf. Judy Garland sieht man mit Tränen in den Augen, so wie es ihre tragische Rolle offenbar verlangt. Bette Midler ist einmal mehr die verrückte Hausfrau, und Jack Nicholson mimt wahrscheinlich ohnehin immer die Rolle des grimassierenden Clowns. Hier sehen wir den typischen Nicholson einmal mit einem brennenden Streichholz zwischen den Zähnen. Ob Jack Nicholsons Rolle echt ist, ob sie privat oder öffentlich ist, wer kann das sagen? Wir kennen ja von all den Filmstars nur ihre (Film-)Bilder.

Douglas Kirkland ist für Hollywoods Showgrößen — so möchte man meinen — völlig ungefährlich, denn seine Fotos gehen nicht unter die Haut, er »knackt« das Klischee der Show-Personality nicht auf. Entweder zeigt er die pure Oberfläche oder das Rollenspiel des Stars. Das aber macht er sehr gut. Wem gelang es schon, Marilyn Monroe so zu fotografieren, wie Millionen von Männern sie sehen wollten — nackt im Bett und kaum mit einem weißen Laken bedeckt. Es ist der perfekte Traum vom Kuschelsex im siebten Himmel. Aber ist das Klischee hier wirklich ganz ungefährlich gewesen? Jeder glaubte, M.M. zu kennen, und keiner wußte am Ende, wer sie war. Denn im Showbusiness gilt: Zuerst müssen die Bilder Charme haben, und zuletzt soll man auch etwas auf ihnen erkennen. Roland Berg

Douglas Kirkland: Light Years , Photographs — Three Decades of Hollywood Glamour, im Amerikahaus, bis zum 2. März.

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