Gericht entscheidet pro Hafenstraße

Amtsgericht weist Räumungsklagen gegen fünf MieterInnen zurück/ Kein Grund zum großen Jubel: „Hafenrand GmbH“ geht in die Berufung/ 35 weitere Verfahren stehen noch aus  ■ Aus Hamburg Sannah Koch

Die BewohnerInnen der Hamburger Hafenstraße können sich über ihren ersten juristischen Erfolg freuen: Am Donnerstag wies Amtsrichter Kai Breuer in erster Instanz Räumungsklagen gegen fünf MieterInnen kurzerhand zurück.

Eberhard Gilde, Prokurist der Eigentümerin „Hafenrand GmbH“, zeigte sich von dem überraschenden Urteil entnervt. Man werde erst zur Räumng der Häuser schreiten können, wenn für alle Wohnungen Räumungstitel vorliegen, mußte er bestätigen. Aber auch Positives entdeckte er an der Gerichtsschlappe: Nach der schnellen Entscheidung könne man jetzt zügig in die Berufung gehen. Kein Grund also für überschwenglichen Jubel in der Hafenmeile. Denn 35 weitere Verfahren vor 12 AmtsrichterInnen stehen noch aus. Ob diese alle die Rechtsauffassung ihres Kollegen Breuer teilen werden, ist derzeit fraglich.

Die jetzt losgetretene Lawine von Räumungsklagen gegen die 100 BewohnerInnen ist Resultat eines folgenschweren Richterspruchs des Hamburger Oberlandgerichtes. Das erklärte im November letzten Jahres die Kündigung des Pachtvertrags zwischen der Stadt und dem „Verein Hafenstraße“ für rechtskräftig. Der Verein fungierte als Vermieter der Wohnungen. Dieses komplizierte Konstrukt macht jetzt die Entscheidung so schwierig.

War früher die Rechtslage eindeutig — die Kündigung eines Hauptmieters bedeutete automatisch auch die Auflösung des Untermietverhältnisses — verkompliziert jetzt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) die Lage. Bei Zwischenvermietung durch Gesellschaften oder Bauherren, so entschied das BVG im vergangenen Jahr, solle künftig für Untermieter der normale Kündigungsschutz gelten. Dieser Rechtsauffassung folgte auch Amtsrichter Breuer: Die Mietverträge der HafenstraßenbewohnerInnen seien keine typischen Untermietverhältnisse. Die Eigentümerin könne daher nicht pauschal räumen lassen, sondern müsse für jeden Mieter Gründe beibringen. Sollte auch in zweiter Instanz so entschieden werden, könnten sich die BewohnerInnen gelassen zurücklehnen: Diese aufwendige Prozedur würde den Mitarbeitern der Hafenrand GmbH vermutlich graue Haare bescheren.

Die BewohnerInnen hatten den Senat jüngst aufgefordert, die „relativ ruhige Phase“ zu nützen, über eine politische Lösung nachzudenken. Unabdingbar sei, daß die Häuser in die Hand einer neuzugründenden Genossenschaft übergeben würden. Ein solcher Sinneswandel ist im Hamburger SPD-Senat derzeit jedoch nicht in Sicht.