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Wenn das die Gutsherren wüßten

■ Sozialarbeiter machen aus ehemaligem Gut einen »sozial-ökologischen« Jugendhof

Nauen. Die Ortschaft Berge im Kreis Nauen im Jahre 2000: Auf dem Gelände der ehemaligen LPG tummeln sich 30 Jugendliche zwischen Pferden und Hunden, bauen Kartoffeln und Obst an, leben in Wohngruppen und werden von Erwachsenen betreut. So oder so ähnlich stellt sich eine Gruppe von (überwiegend) Westberliner Sozialarbeitern und Pädagogen den »Jugendhof Brandenburg e.V.« vor, dessen Konzept bereits vorliegt.

Als »sozial-ökologisches Projekt« will Geschäftsführer Hans-Friedrich Jahncke den Jugendhof verstanden wissen. Sozial benachteiligte Jugendliche sollen ebenso aufgenommen werden wie geistig und körperlich behinderte. »Es gibt ein ungeheures Defizit an solchen Einrichtungen«, sagt Jahncke, »in der DDR war so etwas völlig unbekannt.« Durch die steigende Arbeitslosigkeit werde es immer drängender, benachteiligten Jugendlichen eine Beschäftigung zu bieten.

Das Konzept ist bisher einzigartig. Der Hof soll nach streng ökologischen Gesichtspunkten aufgebaut und die Natur als »höchste Autorität« begriffen werden. Neben Wohnhäusern, Ställen und einer Kompostanlage sollen auf dem Gutsgelände auch Sportfelder, ein Café, eine Bäckerei sowie Werkstatträume errichtet werden. Indem die Jugendlichen einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften, sollen sie Verantwortungsbewußtsein und Selbständigkeit lernen.

»Wir wollen niemanden kasernieren«, erläutert Jahncke. Die Jugendlichen sollen nicht zwangsweise eingewiesen werden, sondern freiwillig kommen und gehen dürfen. Während des Lebens auf dem Gut werden sie in Wohngemeinschaften pädagogisch betreut.

Neben Garten- und Landschaftsbau sollen die Jugendlichen während ihrer Betreuungszeit auch Hauswirtschaft sowie Tischlerei- und Metallarbeiten erlernen. Danach will der Jugendhof den Jugendlichen, die erfahrungsgemäß meist keine Ausbildung haben, auch Praktika anbieten können. Bisher scheitert die Verwirklichung des Jugendhofs noch, wie so vieles, an den ungeklärten Übernahmebedingungen der Treuhand.

In Stellungnahmen haben sich bereits die brandenburgischen Ministerien für Umwelt sowie für Arbeit und Soziales für ein derartiges Projekt ausgesprochen. jgo

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