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Boomt im Treibhaus die Landwirtschaft?

Wenig Konkretes auf der Agrar-Anhörung der Klima-Enquete-Kommission/ Holländischer Wissenschaftler: Positive Auswirkungen des Treibhauses auf nördliche Landwirtschaft/ Im Süden zappenduster  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Die internationalen Agrar-Experten waren sich einig, daß sie bisher nur wenig Genaues wissen. Eins zeichnete sich jedoch auch bei der gestrigen Landwirtschaftsanhörung der Klima-Enquete-Kommission ab: der Süden wird unter den Klimaveränderungen am meisten leiden, während in den nördlichen Ländern womöglich nach klimatischen Veränderungen noch mehr Nahrungsmittel produziert werden können.

Der Holländer van der Geijn vom Zentrum für Agrarbiologische Forschung in Wageningen nannte den Grund für die voraussichtlich verstärkte Agrarproduktion in den Staaten des Nordens: bisher liegen die Temperaturen in diesem Teil der Erde noch unterhalb des für landwirtschaftliches Wachstum optimalen Niveaus.

Für den Reisanbau in vielen Staaten des Südens, der zur Zeit bereits bei günstigsten Temperaturen stattfindet, werde eine weitere Erwärmung jedoch katastrophale Folgen haben, warnte van der Geijn. Für über ein Fünftel der Menschheit ist Reis heute die Hauptnahrungsquelle. Geijn konnte gestern als einziger auch konkrete Aussagen über die Auswirkungen einer von der Erderwärmung verursachten verstärkten Trockenheit machen: bei einer parallel in Israel, den Philippinen und den Niederlanden durchgeführten Vergleichsstudie wurde ein Rückgang der Weizenerträge um bis zu 80 Prozent festgestellt.

Die Erkenntnisse des holländischen Wissenschaftlers bergen einigen politischen Sprengstoff. Bei den internationalen Konferenzen der vergangenen Jahre hatten Wissenschaftler und Politiker der ehemaligen Sowjetunion nämlich immer wieder die erhöhte Weizenpoduktion im Nordgürtel der Erde (UdSSR, Kanada, USA) als positiven Effekt der Klimaveränderungen hervorgehoben und so die Ablehnungsfront der USA und der Ölstaaten gegen Maßnahmen zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes gestärkt.

Doch das Erkenntnisdefizit der Wissenschaftler ist noch groß. Professor Sauerbeck von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft brachte es auf den Punkt: Außer von der Temperatur wird das Wachstum von Pflanzen durch zahlreiche andere Faktoren bestimmt — Feuchtigkeit, bisherige landwirtschaftliche Nutzung und Erosion der Böden etwa. Untersuchungen, die all diese Faktoren berücksichtigen und dann auch verläßliche Aussagen über Auswirkungen von Temperaturveränderungen zulassen, liegen bisher nicht vor. Einige Entwicklungen, die parallel zur zunehmenden Erderwärmung beobachtet wurden, führen die Wissenschaftler allerdings schon auf den Temperaturanstieg zurück: Der Osnabrücker Pflanzenkundler Professor Lieth führt zum Beispiel die „Nord-Süd-Wanderung“ von zwei bis drei Arten, darunter der „Rote Fingerhut“, die in einer Langzeitstudie festgestellt wurde, auf die stetige Erwärmung zurück.

Bonn (afp) — Währenddessen forderte die SPD-Fraktion gestern die Bundesregierung auf, sich innerhalb der EG für ein Einfuhrverbot für Tropenhölzer einzusetzen. Nach Angaben der SPD-Bundestagsabgeordneten Liesel Hartenstein will die SPD außerdem erreichen, daß bei sämtlichen Baumaßnahmen des Bundes ab sofort auf die Verwendung von Tropenhölzern verzichtet wird. Nach einem grundsätzlichen Einschlagstopp in den tropischen Regenwäldern und einem Aussetzen der Abholzung für mehrere Jahre sollten nur noch Hölzer aus nachhaltig bewirtschafteten nachgewachsenen Wäldern eingeführt werden. Im Jahr werden nach Angaben Hartensteins fünf Millionen Hektar Regenwald im Auftrag des internationalen Tropenholzhandels vernichtet oder ernsthaft geschädigt. Die von der Bundesrepublik importierten Hölzer seien jedoch „das Feinste vom Feinsten“, für die Bäume tief in noch geschlossenen Waldsystemen geschlagen werden müßten.

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