: Männerklüngel
■ betr.: "Zustände wie bei der Mafia", taz vom 15.2.92
betr.: „Zustände wie bei der Mafia“ (Der Kölner Soziologe und CDUler Erwin K.Scheuch fertigte eine kritische Studie über die Politszene an, die seiner Partei überhaupt nicht paßt), taz vom 15.2.92
In der Überschrift zum nachfolgend abgedruckten Interview mit Erwin K. Scheuch wird fettgedruckt suggeriert, daß Herr Scheuch die zur Diskussion stehende Studie ganz allein verfaßt hat, indem bis zum Ende des Interviews unerwähnt gelassen (oder besser unterschlagen?) wird, daß diese Studie gemeinsam mit Ute Scheuch herausgegeben worden ist. Diese Information wird erst im Nachtrag zum Interview kleingedruckt und eher beiläufig erwähnt. Welche Bedeutung (oder besser Bedeutungslosigkeit) dem Beitrag von Frau Scheuch auch dann an der Verfertigung der besagten Studie zugestanden wird, kommt bereits in der Reihenfolge der Namensnennung zum Ausdruck: „gab Erwin K.Scheuch zusammen mit seiner Frau Ute [...] heraus“. Frau Scheuch, so suggeriert die Wahl dieser Formulierung — frau stelle sich im Unterschied dazu einfach die Formulierung „gab Ute Scheuch zusammen mit ihrem Mann Erwin K. [...] heraus“ vor — hat „nur unterstützt“, und daher kommt ihr nicht die Ehre der Autorinnenschaft zu.
Diese Beurteilung setzt sich darin fort, daß wir, die LeserInnen, folgerichtig von Herrn Scheuch Informationen über seine wissenschaftliche Ausbildung und seinen akademischen Status (Soziologe, Professor), seine Parteizugehörigkeit (CDUler) und seine politischen Aktivitäten erfahren, von Frau Scheuch aber lediglich den Umstand ihrer legalisierten Beziehung zu Herrn Scheuch. Welche wissenschaftliche Ausbildung kann sie vorweisen? Welche berufliche Stellung nimmt sie ein? Welcher Partei gehört sie an? Ist sie (partei)politisch aktiv? Die Vorenthaltung dieser Informationen wertet indirekt den Beitrag von Frau Scheuch zugunsten des Beitrags von Herrn Scheuch fast bis zur Bedeutungslosigkeit ab.
Dieses Vorgehen entspricht ganz der immer noch in den Medien vorherrschenden Tendenz, Leistungen von Frauen öffentlich zu ignorieren und im Vergleich zu Leistungen von Männern geringzuachten.
Der Einwand, daß das Interview nicht nur aus Überschrift und Nachtrag zum Interview besteht, ändert leider nichts an den bisher gemachten Aussagen. Das Interview selbst bestätigt sie nämlich nur. Der Interviewer spricht wider besseres Wissen mehrfach Herrn Scheuch als alleinigen Verfasser der zur Diskussion stehenden Studie an: „Herr Prof. Scheuch, Sie(!) haben [...] gezeigt“; „Sie selbst haben in Ihrer(!) Untersuchung geschildert“; „Sie hauen mit Ihrer(!) Studie ja [...] ein.“ Der so Angesprochene korrigiert diese falschen Unterstellungen nicht etwa in seinen Antworten, zum Beispiel indem er in der ersten Person Plural fortfährt, sondern bestätigt sie auch noch: „Ich(!) bin an dieses Thema rangegangen[...]. Interviewer und Interviewter arbeiten hier also stillschweigend bei der Erzeugung der vermeintlich alleinigen Autorschaft der Studie, um die es in ihrem Gespräch geht, zusammen. Nur ein einziges Mal („hinter dem Rücken der Autoren“) spricht Herr Scheuch im Plural.
Wenn dieses Interview nicht ein Beispiel für Männerklüngel ist!
Auf ihn trifft auch zu, was Herr Scheuch selbst am Ende seines Interviews über „Klüngel“ äußert: „Sehen Sie, schon das Wort ,Klüngel‘, das ja so etwas wie Gemütlichkeit suggeriert, trifft die Sache überhaupt nicht. Das Problem das mit ,Klüngel‘ beschrieben wird, ist viel zu ernst[...].“ Dieses Interview demonstriert, daß zum Aufbrechen ungerechter und, interessengeleitet, verdeckt gehaltener Strukturen, seien es innerparteiliche Strukturen wie im Falle der Studie von Erwin K. Scheuch und Ute Scheuch, seien es patriarchale Strukturen, gleichermaßen auch die Aufdeckung von bestehenden und den Status quo aufrechterhaltenden Seilschaften und Cliquen nötig ist. Elmas Pehlivan, Hagen
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