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BERLINALIE

„Eine bekannte Kaffeefirma“, wie die Nachrichtenagenturen diskret meldeten (und damit dem Sponsor sozusagen in die Tasse spuckten), hat die helfende Hand ausgestreckt. Und den Preis Script '92 für Drehbuchautorinnen ins Leben gerufen. Gestern war es endlich soweit: 50.000 DM konnten an die Frau gebracht werden. 263 eingesandte Drehbücher wurden von 10 Lektorinnen auf Ideengehalt, Spannung und Realisierbarkeit überprüft und durchgesiebt. Um sie einer kompetenten, „international renommierten“ Jury aus sieben Frauen vorzulegen. Welche wiederum innerhalb weniger Stunden aus zehn Scripts die besten herausfischten.

Das Geld bekommt die Münchnerin Charlott Grunert für ihr Drehbuch Dreams Live, in dem es um eine ostdeutsche Eiskunstlaufweltmeisterin und ihren Pudel Erich (!) geht. Das Eisprinzeßchen wird entführt und trifft mit drei osteuropäischen „Underdogs“ zusammen. Jedenfalls habe das Ganze Dialogwitz und sei voll mit prallem Leben, erklärte Katharina M. Trebitsch, Vorsitzende der Jury bei der Preisverleihungskonferenz.

Zweitplaziert wurde Katharina Wöppermanns Zu Kopf im Himmel (ein Schaufensterdekorateur mit Polaroidkamera sieht die Wirklichkeit plötzlich anders), auf den dritten Platz kam die Ostberliner Scarlett Kleint mit Auf ewig dein, einer Liebesgeschichte in der russischen Besatzungszone.

Die Firma Jacobs (na endlich! Dabei trinken wir noch immer nur Sandino Dröhnung! d.S.) ist ihren Preis losgeworden, hat ein bißchen PR gemacht und kann sich brüsten, etwas für die Frauen und den Film getan zu haben. Man wolle aber nicht nur zahlen, sondern den Autorinnen auch den Kontakt mit etwaigen Produzenten vermitteln, berichtete der smarte Öffentlichkeitsarbeiter den skeptischen JournalistInnen. Gäbe es nicht jenen kleingedruckten Knebelparagraphen im Ausschreibungsformular, der das Bild der Selbstlosigkeit befleckt. Für alle eingesandten Drehbücher sichert sich der Sponsor vier Monate lang die Kaufoption. Bei 263 Scripts verfügt die Firma derzeit über nicht unerhebliche Verwertungsmöglichkeiten. Zwar ist nicht anzunehmen, daß der Kaffeeriese in Zukunft mit Drehbüchern handelt, daß mit dem Eingesandten trotzdem gemacht werden kann, was man will, bleibt unbestritten. Karin Brandauer, ebenfalls Mitglied der Jury, sieht die Vorwürfe der Presse nicht so eng. Dankbar solle man/frau sein und nicht so viel fragen. „Her mit dem Geld“ laute die Devise.

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