piwik no script img

Schüsse und Generalstreik in Tschad

Berlin (taz) — In Tschads Hauptstadt N'Djamena herrscht Nervosität, nachdem auf einen seit Dienstag andauernden Generalstreik in der Nacht zum Freitag ein unerklärter bewaffneter Angriff auf eine Polizeistation im Süden der Stadt stattfand und daraufhin Regierungssoldaten aus dem Stadtzentrum in Bewegung gesetzt wurden. Dabei waren nach Agenturangaben Schüsse aus automatischen Waffen zu hören. Die Angreifer waren am frühen Morgen in das Polizeirevier eingedrungen und hatten nach amtlichen Angaben mehrere Zivilisten erschossen, darunter eine Frau mit ihren Kindern.

Nach stundenlangem Schweigen gab das Innen- und Sicherheitsministerium am Vormittag eine Erklärung heraus, in der es mitteilte, die Situation unter Kontrolle zu haben. Die Bevölkerung sollte ihrer Arbeit „wie gewohnt“ nachgehen. Dies wird sie jedoch kaum tun: Sie folgt dem von der Tschadischen Menschenrechtsliga ausgerufenen Generalstreik, mit dem gegen die Ermordung des Vizepräsidenten der Liga, Joseph Behidi, protestiert wird. Behidi war Montag von Milizionären des westtschadischen Zagawa-Volkes in N'Djamena erschossen worden, die sich in den letzten Monaten verstärkt als bewaffnete Hausmacht des Staatspräsidenten Idriss Deby bemerkbar machen. Als Reaktion auf den Mord hatte die Regierung am Dienstag auf einer Sondersitzung des Kabinetts mehrere hohe Polizeibeamte entlassen und ein Verbot des Waffentragens angekündigt — eine utopische Maßnahme angesichts der jahrzehntelangen Kriege und der noch immer virulenten ethnischen Konflikte des Landes.

Bereits im Januar hatten Soldaten etwa ein Dutzend politische Gegner der Regierung in ihren Wohnungen erschossen — Reaktion auf das Eindringen von bewaffneten Unterstützern des Ex-Präsidenten Hissein Habre. Der „Internationale Bund für Menschenrechte“ veröffentlichte am Mittwoch einen Bericht, in dem fortgesetzte Menschenrechtsverletzungen in Tschad unter Idriss Deby dokumentiert werden. D.J.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen