piwik no script img

RIAS 2 soll privat weiterbetrieben werden

■ Kabelrat entscheidet gegen die Übernahme von RIAS 2 in das Rundfunkprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender SFB und ORB

Berlin. Das Tauziehen um RIAS 2 hat ein vorläufiges Ende gefunden. Überraschend entschied am Wochenende der Kabelrat, daß das Programm von RIAS 2 unter einer »privaten Trägerschaft« fortgesetzt werden kann. Damit sind SFB und ORB, die sich in letzter Minute um die Lizenz beworben hatten, aus dem Rennen.

Zur »Beschleunigung« des Verfahrens traf die Lizenzbehörde eine Vorauswahl unter den verbleibenden sechs privaten Bewerbern. In die engere Wahl sind nun die »Radio-Information Audio-Service Zwei« des früheren RIAS-Intendanten Schiwy und die »Radio 2 Rundfunkgesellschaft« des Konzertveranstalters Schwenkow gekommen.

Nach der Anhörung der beiden Intendanten von SFB und ORB stellte der Kabelrat fest, »daß keine hinreichende Aussicht auf eine werbefreie Fortführung von RIAS 2 als Gemeinschaftsprogramm von ORB und SFB besteht«. Der Auftritt der Rundfunkchefs muß »beeindruckend« gewesen sein: SFB-Intendant Lojewski soll sich geweigert haben, gemeinsam mit seinem Kollegen Rosenbauer (ORB) vor das Gremium zu treten.

Eine öffentlich-rechtliche Lösung könnte jetzt nur noch »auf Grundlage des noch abzuschließenden Staatsvertrages« zwischen Berlin und Brandenburg in Frage kommen. Bis zur Einigung der beiden Länder möchte der Kabelrat nicht mehr warten. Er sah sich gezwungen, die Entscheidung herbeizuführen, da »das Risiko, daß die Mannschaft von RIAS 2 zerfällt und damit eine Fortführung ausscheidet«, zu groß sei.

»Die Zappelei hat ein Ende«, kommentiert Programmchef Jörg Brüggemann das Ergebnis, »mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.« Die Redaktion hat aus ihrer Nähe zum Schiwy-Modell nie einen Hehl gemacht, dem finanzkräftigeren Konzertmogul Schwenkow gegenüber zeigte man eher Zurückhaltung. Möglicherweise wird es auf eine Kooperation von Schiwy und Schwenkow hinauslaufen. Aber noch sind einige Hürden zu nehmen.

Bislang hat sich das Land Brandenburg noch nicht damit einverstanden erklärt, daß der Berliner Kabelrat die Frequenz 93,4 MHz, die weit ins Land Brandenburg hineinreicht, überhaupt vergeben darf. Um den Brandenburgern ein Stück entgegenzukommen, plant Schiwy, Studios in Potsdam und Cottbus aufzubauen.

Eine endgültige Entscheidung am 13. März macht der Kabelrat zudem von zwei Gutachten abhängig, die sich mit dem Wettbewerbsvorteil von RIAS 2 im Vergleich zu anderen privaten Anbietern befassen. Das ist zum augenblicklichen Zeitpunkt einer der heikelsten Punkte, schließlich ist der Sender mit öffentlichen Geldern errichtet worden. Kein anderer privater Anbieter hatte solch günstige Startbedingungen: hohe Reichweiten und ein professionelles Team.

Die Konkurrenz steht schon auf den Barrikaden. »Das ist eine bedrohliche Entwicklung«, meint Energy-Geschäftsführer Thomas Thimme, »die wir so nicht hinnehmen können.« Er will nicht nur rechtliche Schritte gegen eine Vergabe an einen privaten Anbieter prüfen lassen. Die Situation erfordere auch, »daß die Privaten auf die gesamte medienpolitische Gestaltung des Staatsvertrages Einfluß nehmen müssen«.

Die Ängste der Privaten sind nicht ganz unbegründet. Redaktionell will man sich bei RIAS 2 nämlich wieder mehr auf »unterhaltende Programmelemente wie zu Anfangszeiten besinnen« und damit in die Domäne der anderen Privaten eindringen. Der Berliner Hörfunkwerbemarkt gerät durch diese Entscheidung völlig durcheinander. Mit einem geschätzten Jahresvolumen von 70 Millionen Mark gilt er als weitgehend abgeschöpft. Kenner der Szene gehen davon aus, daß bloß vier Sender überlebensfähig sein werden. Ohne das RIAS-2-Programm gibt es aber jetzt bereits schon fünf Sender.

Seitens des Kabelrates sucht man »nach Modellen, wie der Wettbewerbsvorteil in einer Weise ausgeglichen werden kann, die den chancengleichen Wettbewerb bestehender und künftiger Veranstalter gewährleistet«. Im Klartext: Man sucht nach einer Möglichkeit, dem neuen potenten Anbieter beispielsweise Werbezeitbegrenzungen aufzuerlegen. mail

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen