: Krieg herrscht in Berg-Karabach
■ Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien zerstörten große Teile Stepanakerts/ Aufruf an UNO
Moskau (dpa) — „Aserbaidschan hat Berg-Karabach den Krieg erklärt. Wir wenden uns mit der Forderung an die Weltöffentlichkeit, sich sofort in das Geschehen einzumischen, um die Ausweitung zu einem umfassenden Konflikt zu verhindern.“ Mit diesem Appell versuchte bereits am Samstag abend das Parlament des zwischen Aserbaidschan und Armenien umkämpften Gebietes Berg-Karabach die Vereinten Nationen zu alarmieren. Noch bevor die UNO jedoch zu den neu aufgeflammten Kämpfen in der Enklave Stellung nehmen konnte, haben aserbaidschanische Einheiten ihre Raketenangriffe auf die Hauptstadt Stepanakert am Sonntag intensiviert.
Nach Berichten von „Radio Liberty“ wurden dabei 80-„Grad“-Raketen mit der modernen Ausführung einer Art Stalin-Orgel eingesetzt. Unzählige Geschosse seien von Chucha aus „ununterbrochen“ auf die Stadt niedergeprasselt. Dabei seien mindestens 16 Menschen getötet und 46 verletzt worden. Inzwischen, so 'Interfax‘, sollen neben der Gebietshauptstadt aber auch „andere Orte“ weitgehend zerstört sein. So haben nach den Informationen des armenischen Verteidigungsministers Wosgen Sarkisjan aserbaidschanische Freischärler das überwiegend armenische Gebiet Askeranski in Berg- Karabach beschossen.
Auch die in dem Gebiet stationierten Einheiten der GUS-Armee geraten mehr und mehr zwischen die Fronten. Radio Moskau berichtete unter anderem von einem Gefecht zwischen GUS-Soldaten und aserbaidschanischen Freischärlern. Bei dem Versuch, den Aserbaidschanern ihre Waffen abzunehmen, seien zwei Soldaten und drei Freischärler gefallen. Außerdem sei die Kaserne des 366. GUS-Regiments gezielt mit Granaten beschossen worden. Die dort stationierten Soldaten forderten daraufhin von ihrem Oberkommando nun ihrerseits, die aserbaidschanischen Artelleriestellungen unter Beschuß nehmen zu dürfen.
Derweil soll laut 'Interfax‘ der aserbaidschanische Präsident Ajas Mutalibow die Befehlshaber der in seiner Republik stationierten GUS- Verbände um Munitions- und Waffenhilfe gebeten haben — bisher erfolglos. Mutalibow wiederholte dabei seine Behauptung, er wehre sich nur gegen einen „Angriff von armenischer Seite“, der von ehemaligen Sowjetsoldaten unterstützt werde.
Schon am Freitag hatte Mutalibow eine Teilmobilisierung der aserbaidschanischen Streitkräfte mit den gleichen Argumenten begründet — nur wenige Stunden nach einem Gespräch der Außenminister Armeniens und Aserbaidschans über eine Entschärfung der Krise. Armenische Kämpfer hätten zuvor die Städte Hodschali und Agdam sowie mehrere Dörfer im armenisch-aserbaidschanischen Grenzgebiet beschossen. Dabei soll es viele Tote und Verwundete gegeben haben.
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