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Streit um Kriminalstatistik

■ Kritik und Zustimmung zu den neuen Plänen mit der Kriminalstatistik

„Der Vorschlag ist geradezu idiotisch“, kommentierte der innenpolitische Sprecher der CDU- Fraktion, Ralf Borttscheller, die Idee des Bremer Innensenators Friedrich van Nispen (FDP), die Kriminalstatistik künftig vom Landesamt für Statistik ausführen zu lassen. Auch bei der Gewerkschaft der Polizei ist man skeptisch: „Das ist keine vernünftige Lösung, denn das Mißtrauen gegenüber den Kollegen, die für die Erstellung der Statistik verantwortlich sind, wird dadurch nicht abgebaut“, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Poilzei, Hans Schulz.

Die Koalitionspartner dagegen unterstützen den liberalen Senator. „Die Kriminalstatistik erlaubt keine klärenden Aussagen über die Entwicklung der Kriminalität“, meinte der grüne Martin Thomas, und der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Horst Isola, erklärte: „Unter den jetzigen Bedingungen der Erhebung sind die aktuellen Entwicklungen in der Kriminalität schwer nachweisbar.“

Die Auseinandersetzungen um die Kriminalstatistik treffen das Problem in diesem Jahr im Kern. Nämlich: Lassen sich anhand der Daten, die im Informationssystem Anzeigen (ISA) der Bremer Polizei gespeichert sind, präzise Aussagen über die Entwicklung der Kriminalität ablesen oder wird die Statistik nur noch geführt, um damit innenpolitische Fehden zu führen? Wird gar „die Kriminalstatistik von der Gewerkschaft der Polizei instrumentalisiert, um damit die Forderung nach mehr Stellen zu legitimieren“ (Martin Thomas)?

Wenn die Daten künftig vom Landesamt für Statistik erhoben werden, argumentiert Borttscheller, ist auch diese Behörde auf das Material angewiesen, das sie von der Polizei bekommt. „Ich wüßte ehrlich gesagt nicht, was beim Statistischen Landesamt anderes herauskommen soll. Was van Nispen da vorschlägt, ist reine Schaumschlägerei. Der Trick ist, daß die innenpolitische Lage Bremens diesmal gleich zu Beginn der Legislaturperiode verschleiert werden soll.“

GdP-Chef Schulz ist vor allem darüber sauer, daß van Nispen sich bei einem unabhängigen Gutachter abgesichert hat. Der Strafrechtsprofessor Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Institut in Hannover hatte den Senator Anfang Februar gewarnt, „ja nicht den Daten seiner Behörde zu glauben“. Van Nispen ließ in Pfeiffers Institut daraufhin eine Expertise zu dem Datenmaterial erstellen, das ihm sein eigenes Haus, die Polizei, geliefert hatte. Die Überprüfung des „eigenen Leute“ habe „Herrn van Nispen Etliches an Sympathien gekostet“, kommentierte Scholz gestern.

Die Grünen und die SPD stehen hinter van Nispen. „Ich finde van Nispens Umgang mit den Daten ausgesprochen professionell“, lobte der grüne Thomas. Es werde in Zukunft darum gehen, eine Kontrolle der Polizei bei der Übermittlung der Daten einzubauen. Und der Sozialdemokrat Isola will die Daten noch behördenferner auswerten: „Wenn die Daten wirklich aussagekräftig gespeichert werden, ist die Universität gefragt.“ mad

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