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Premiere: Sex im Weltall

Washington (afp/taz) — Zum Paarungsverhalten in der Schwerelosigkeit könnten im August erste Untersuchungen angestrengt werden. Die US-Raumfahrtbehörde NASA schickt dann nämlich erstmals in der Geschichte der Menschheit ein Ehepaar ins All.

Der 39jährige Mark Lee und seine um zwei Jahre jüngere Frau Jan Davis sollen mit fünf weiteren Astronauten an Bord der Raumfähre Endeavor offiziell physiologische und medizinische Experimente durchführen. So sieht es das gemeinsame Programm der USA und Japans vor. Daraufhin fragte die US-Presse ohne Umschweife: „Gehört auch Geschlechtsverkehr zu den geplanten Experimenten?“ Die NASA wehrte ab: „Während ihrer Mission werden die beiden sehr beschäftigt sein“, erklärte eine Sprecherin des Raumfahrtzentrums Johnson in Houston. Offiziell vorgesehen sei derartiges ohnehin nicht. Die NASA betrachte das Eheleben ihrer Astronauten als Privatangelegenheit. Dies sei eine Frage der Ethik. Auch Mark und Jan weigern sich, über etwas anderes als ihre wissenschaftliche Arbeit an Bord der Raumfähre zu sprechen. „Wir haben da eine einmalige Gelegenheit und lassen sie verstreichen“, klagte jüngst eine Teilnehmerin an einer internationalen Konferenz über Raumfahrt an der Universität von Alabama. „Das könnte doch ein Experiment wie jedes andere sein. Wir könnten die Herzschläge messen und den Einfluß der Schwerelosigkeit untersuchen“, forderte sie. Auch Psychiater und Mediziner meldeten sich zu Wort. Sie wiesen darauf hin, daß jede Erkenntnis über Sex im All für die Wissenschaft von unschätzbarer Bedeutung sei, schließlich werde damit völliges Neuland betreten. Doch die NASA scheint hart zu bleiben.

In ihren Büros wird allerdings gemunkelt, daß der Sex im All im August möglicherweise gar keine Weltpremiere wäre. Schließlich teilten sich bei bisherigen Flügen insgesamt bereits 124 Männer und 14 Frauen eine Raumfähre. Offizielle Stellungnahmen dazu gibt es nicht. Bis vor wenigen Jahren wäre es für Mark und Jan noch unmöglich gewesen, zusammen ins All geschossen zu werden. Für die NASA galt die alte militärische Regel, nach der Aufträge nicht von Paaren ausgeführt werden dürfen. Doch die beiden Amerikaner schlugen der NASA ein Schnippchen. Sie heirateten erst Ende 1990, als sie längst für die Mission ausgesucht worden waren.

Doh auch wenn die Menschheit im August auf umwälzende Erkenntnisse über Sex unter besonderen Bedingungen verzichten muß: Das Thema ist damit sicher nicht aus der Welt. Nach den Plänen der NASA sollen Astronauten sich künftig immer länger im Weltraum aufhalten. In der Raumstation Freedom sind für die Jahrtausendwende sechsmonatige Aufenthalte der Forscher vorgesehen. Ein Flug zum Mars Anfang des 21. Jahrhunderts dürfte sich gar über zwei Jahre oder länger hinziehen. Spätestens dann dürften Erfahrungen mit Sex im All gemacht werden, ob es die NASA will oder nicht.

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