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NEU IM KINO: „Schatten und Nebel“ von Woody Allen Eine Bürgerwehr gegen den Tod

Es gibt Schummerfunzeln, Laternchen, Strahlenfinger und grellen Scheinwerferschein; bloß Licht gibt es nicht und niemals Sonne. In seinem 21. Film ist Woody Allen bei der agnostischen Schwarz-Weiß-Verzweiflung des frühen deutschen Kinos angelangt. Damals bauten die Studioarchitekten finsterschräge Sträßchen als Modelle paranoider Innenwelten; Allen's Schatten und Nebel ist gleich ganz und gar im Studio gedreht worden.

Da stürzen schiefe Perspektiven in schaurige Düsternis, und in hohlen Gäßchen geht der Würger um. Und schon lacht man Tränen über die Obskuranten, die sich gegen ihn so wichtig zusammentun, und schon hat man, falls man will, die ganze Gesellschaft beisammen, nämlich eine Art Bürgerwehr gegen den Tod.

Und alle haben Unaussprechliches vor mit dem schwer verzagten Kleinman (Woody Allen), einer Art Nachgeburt von Kafka: „Man wacht auf“, jammert er, „und gehört zu einem Plan!“ Bloß zu welchem.

Ein Film aus lauter Anspielungen an andere Illusionisten, aus Spitzlichtern und magischen Spiegeleien; eine kleine Philosophie des Lichtmangels vielleicht. Schatten und Nebel bietet im Gegenzug ein enormes Aufgebot an Leinwandstars: u.a. Madonna persönlich als Zirkusgirl, John Malkovich als Clown, Jodie Foster und Kathy Bates als Huren. Lauter Lichtspielgestalten, welche uns im Grund nur das Ensemble der schwerbedeutenden Schatten und Projektionen komplettieren.

Sie huschen durch die Allegorien, die wir so haben für das Leben: ein einziges Bordell! ein einziger Zirkus! eine dunkle Straße! Wo allüberall das Licht so schwach ist im Analysieren, da weiß auch die Kamera von nichts: Eine „naivere“ Blickführung hab ich noch nicht gesehen. Langsame Fahrten, das Auge gleitet, schaut sich um wie erstaunt, lugt hierhin und dort; selbst Gespräche sind nicht vom „Wissen“ des Schnitts strukturiert. Da schweift die Kamera dem Reden nach, einmal im Hurenhaus minutenlang immer im Kreis; wie der Cherubinische Wandersmann ahnt sie in all dem Trug schwerlich, woher und wohin.

Eine großartige Komödie. Menschenskinder tapsen, Irmy (Mia Farrow) läßt sich verdutzen von einem 700-Taler-Angebot, halb sank sie hin, und bevor sie das Schandgeld der Kirche gibt, findet sich ein Findelkind, worein es besser investiert ist; und lauter solche Leutesachen. Während Kleinman nebenher zappelt und schwatzt —und am Ende anfängt als kleiner Assistent des Größten Zirkusmagiers, welcher auch nichts ausrichten konnte gegen den Würger. Daher kommt der Film. Manfred Dworschak

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