: Grünbraunes Trinkwasser im Keller
■ Friedrichshain: Nach Bruch einer Haupttrinkwasserleitung Straßen, Keller und U-Bahn-Schächte überschwemmt/ Wasser-Betriebe vermuten geplatztes Rohr durch Materialfehler
Friedrichshain. Den vergangenen Mittwoch werden Marianne und Bernd Blisse nicht so schnell vergessen. »Plötzlich kamen Riesenwassermassen«, erinnert sich das ältere Ehepaar, das in einem kleinen Laden an der Thaerstraße 39 Getränke verkauft. Die Blisses hatten Glück: »Unsere Straßenseite ist halbwegs trocken geblieben.« Nachdem am Mittwoch an der Thaer-/Ecke Eldenaer Straße kurz vor 15 Uhr ein Gußrohr geplatzt war, ergossen sich durch die angrenzenden Nebenstraßen wahre Sturzbäche, die in der abschüssigen Richtung Besarinplatz zu breiten Flüssen anschwollen. Fahrbahnen und Bürgersteige wurden im Nu unterspült.
In Dutzenden von Mieterkellern stand plötzlich teilweise knietief eine schmutziggrünbraune Brühe, auf der fortgerissene Trennwände und Sperrmüll dümpelten. Da das Wasser auch den U-Bahnhof Rathaus Friedrichshain überschwemmte, ließ die BVG bis zum Mittwoch abend zwischen Alexanderplatz und Frankfurter Allee keine Züge rollen. Noch gestern blieb der östliche Eingang des Bahnhofs geschlossen.
Laut Feuerwehrangaben sprudelten aus dem geborstenen Gußrohr mit 80 Zentimeter Durchmesser pro Minute rund 10.000 Liter Trinkwasser — und das über vier Stunden. Diese lange Zeitdauer erklärte der Sprecher der Wasser-Betriebe, Günther Rudolph, damit, daß an der Schadensstelle noch zwei weitere Trinkwasserhauptleitungen mit jeweils 91 Zentimetern Durchmesser liegen. Deshalb hätten die Wassermänner zunächst die Schieber just an dem falschen Rohr geschlossen. Wie Rudolph sagte, vermutet man als Schadensursache einen Materialfehler. Grund der Vermutung: Die vom Pumpwerk Lichtenberg in die Innenstadtbezirke Mitte, Prenzlauer Berg und Lichtenberg führende Leitung sei an der Thaerstraße erst vor zwei Jahren installiert worden. Den Worten Rudolphs zufolge gibt es um die Friedrich- und die Otto-Grotewohl- Straße herum teilweise auch die neuen Gußrohre, deren Zustand jetzt vorsichtshalber untersucht werde.
Mitarbeiter der Friedrichshainer Bauaufsicht waren gestern noch unterwegs, um den Zustand der gefluteten Häuser zu kontrollieren. Ihr Augenmerk gilt eventuellen Schäden an der Konstruktion, obgleich die Gebäude bis jetzt nicht gesperrt werden mußten. Derweil schätzte Amtschef Hans-Jochaim Winter gestern schon den Gesamtschaden des Rohrbruchs auf »an die zehn Millionen Mark«. Tief in die Tasche greifen müßten die Wasser-Betriebe, doch sie sind hoch versichert, so ihr Sprecher. Betroffene Hauseigentümer und Mieter sollten den erlittenen Schaden auflisten und bei der Rechtsabteilung des Eigenbetriebs geltend machen.
Am Mittwoch nachmittag drohte immerhin zumindest zeitweise den MieterInnen am Bersarinplatz/Ecke Thaerstraße die Evakuierung, weil die Häuser nicht mehr standsicher erschienen. Die Bauaufsicht habe dann jedoch nur »ein paar Einsenkungen im Verfüllbereich einer ehemaligen Baugrube« festgestellt, erklärte Winter. Ohnehin seien die fraglichen Häuser fest auf einer monolithischen Betonplatte errichtet. Heute bereits will der Bezirk die Straßenschäden so weit behoben haben, daß die Grundstücke und Gebäude in der Gegend des Besarinplatzes wieder von allen Seiten erreichbar sind. thok
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