: Aserbaidschanische Großoffensive begann
■ Aserbaidschans Präsident Mutalibow im Parlament unter schwerem Druck/ Opposition fordert Rücktritt nach militärischen Niederlagen/ Angebliches Rücktrittsangebot dementiert
Moskau (afp/dpa) — Der aserbaidschanische Präsident Ajas Mutalibow hat am Freitag Meldungen über seinen angeblichen Rücktritt dementieren lassen. Er fühle sich zwar unwohl, denke aber nicht daran, zurückzutreten, sagte sein Referent. Die Opposition hatte Mutalibow wegen der militärischen Niederlagen im Krieg um die Enklave Berg Karabach zur Demission aufgefordert. Tausende Demonstranten hatten am Freitag das Parlamentsgebäude umstellt. Mutalibow hatte zuvor von den Abgeordneten drei Monate Zeit verlangt, um eine wirksame Verteidigung für Berg Karabach zu organisieren.
Der Krieg spitzt sich inzwischen immer weiter zu. Mindestens 57 Menschen kamen allein bis Donnerstag nacht bei Kämpfen zwischen Armeniern und Aserbaidschanern ums Leben. Nach Mitteilung aus Stepanakerk, der Hauptstadt Berg Karabachs, haben aserbaidschanische Truppen am Mittag eine Großoffensive gegen armenische Dörfer begonnen. Immer mehr aserbaidschanische Truppen waren in das Hauptquartier nach Agdam im Osten der Enklave verlegt worden. Bereits in den vergangenen Tagen waren mehrere Panzereinheiten nach Agdam gebracht worden. Auch gestern gingen die Kämpfe nach einem Bericht von Radio Moskau unvermindert weiter.
Während der Parlamentssitzung in Baku forderten oppositionelle Abgeordnete neben dem Rücktritt Mutalibows, Aserbaidschan müsse mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) brechen und dürfe keinen Pakt mit Rußland schließen. Da Rußland seine Präsenz im Transkaukasus sichern wolle, habe es ein besonderes Interesse an dem Konflikt, hieß es. Die sozialdemokratische Partei schlug die Verhängung des Ausnahmezustands vor. Das Parlament solle aufgelöst und die Aktivitäten politischer Parteien unterbunden werden.
Seit Beginn des Konfliktes um das überwiegend von Armeniern bewohnte Nagorny Karabach vor vier Jahren wurden dort mehr als 1.500 Menschen getötet. Mitte Januar hatten sich die Kämpfe nach Beginn des Rückzugs der GUS-Streitkräfte verstärkt.
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