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Unterhaltung ohne Effekthascherei

■ Laura und Lotte« von Peter Shaffer in den Kammerspielen des Deutschen Theaters

Laura Douffet ist Ex-Schauspielerin und Fremdenführerin. Die Langeweile der Routine treibt sie zu theatralischen Monologen, die weit über die erwarteten historischen Fakten hinausgehen. Als sich Besucher über die allzu dramatische Art der Informationsvermittlung beschweren, wird sie von ihrer Vorgesetzten Lotte Schön gefeuert. Doch Lotte ist von dem Paradiesvogel Laura fasziniert und besucht sie in ihrer Wohnung, die einem Theaterfundus gleicht.

Die beiden Frauen stellen fest, daß sie die Liebe zur Vergangenheit verbindet. Ihre Ausflüge in die Geschichte Englands führen dazu, daß sie die Prozesse und Hinrichtungen berühmter Persönlichkeiten nachspielen. Dabei kommt es zu einem fatalen Mißgeschick, dessen Ergebnis eine Kopfverletzung Lottes durch eine Henkersaxt ist. Polizei und Staatsanwalt wittern einen Mordversuch. Durch die Beichte des tatsächlichen Hergangs entgeht Laura dem Gefängnis, Lotte aber nicht ihrer Kündigung. Ausgleichende Gerechtigkeit?

Die Bühne von Peter Schubert (der auch für die annehmbaren Kostüme verantwortlich ist) besteht in der ersten Szene aus einer abgeschrägten Säule in blau-grün mit aufgemalten Hunden à la Keith Haring und einem Techno-Teppichmuster auf dem Hintergrundprospekt. Danach sieht man in der Wohnung Lauras Möbelstücke aus vergangenen Epochen sowie einen übergroßen Panther neben einem Bären, zwei von der Decke hängenden Fledermäusen und einem weißen Pferd im hinteren Teil — alle mit Lämpchen in Augen und Rachenraum. Die Beleuchtung und der Theaternebel tun ein übriges, um bizarre Geisterbahnatmosphäre aufkommen zu lassen.

Laura (Gudrun Ritter) ist ein Kind, das nicht erwachsen werden will: anrührend, frech, komisch. Inge Keller ist als Lotte eine souveräne, dominante Frau, die durch Lauras Verrücktheiten einen Teil ihrer eigenen Jugend wiedergewinnt. Ihre Sekretärin Miss Framer (Annelene Hischer) hat zwar nur einen kurzen Auftritt, doch der genügt, um durch komödiantische Übertreibung einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Und Otto Mellies als Rechtsanwalt Bardolph sorgt charmant für subtile Komik hinter einer vorgeblich ernsthaften Fassade.

Unter Carl-Hermann Risses Regie gerät der Abend trotz eines nach der Pause absackenden Spannungsbogens zu einer angenehmen Unterhaltung. Auf schrille »Regie-Einfälle« und Effekthascherei wird verzichet; durch Vertrauen in den Text und die Kraft der SchauspielerInnen kommt es zu einer gelungenen Umsetzung der Vorlage. Denn, weist das Stück auch die Struktur einer leichten Komödie auf, so ist es doch an keiner Stelle platt und auch unter der Oberfläche noch ausdrucksstark.

Peter Shaffer, der mit seinem Drama Amadeus weltweite Anerkennung erlangte, hat mit Laura und Lotte eine intelligente und humorvolle Komödie geschrieben, die durch die Reduktion auf vier Personen den SchauspielerInnen die Möglichkeit einer glaubwürdigen Ausformung der Charaktere bietet.

Eine interessante Variante des altbekannten Themas »Theater im Theater«. York Reich

Am 15., 20. und 23.3., 19.30 Uhr, Kammerspiele des Deutschen Theaters, Schumannstraße 13

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