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Karneval nach Aschermittwoch

Fortuna Düsseldorf — Bayer Leverkusen 1:1/ Bundesliga als Angriff auf die Lachmuskeln  ■ Aus Düsseldorf Thomas Lötz

Nach dem grandiosen 4:1-Heimsieg am Karnevalsfreitag gegen Hansa Rostock redete man rund um das Leverkusener Ulrich-Haberland-Stadion schon von mehr als nur einem UEFA-Cup-Platz. Im Kampf um die Meisterschaft sahen sich die Farbenstädter beschäftigt, das Spiel beim Tabellenletzten, der Düsseldorfer Fortuna, wurde angesichts der besten Auswärtsbilanz der Liga nur noch als nötiges Übel auf dem Weg zu höheren Aufgaben empfunden. Doch dann kam alles ganz anders.

Nachdem der Schlußpfiff von Schiedsrichter Günther Habermann das 1:1 besiegelt hatte, mußte Bayer- Trainer Reinhard Saftig zerknirscht zugeben, daß seine Mannschaft mit der Euphorie, die sich in Leverkusen breitgemacht hatte, nicht zu Rande gekommen war. Die erste Halbzeit habe man ganz einfach verschlafen, und insgesamt sei die Vorstellung seiner Truppe ein einziger Rückschritt gewesen, auch, weil die Meisterschaftskonkurrenten zur gleichen Zeit allesamt zwei Punkte einfahren konnten.

Den einen Punkt für die Werkself hatte Martin Kree mit einem seiner bekannten Hochgeschwindigskeitsgeschosse kurz vor Schluß gerade noch einmal gerettet, ansonsten aber war von so etwas wie Klasse im Leverkusener Spiel nichts zu sehen. Behäbigem Spielaufbau in der eigenen Hälfte folgte zumeist umständliche Fortbewegung auf gegnerischem Terrain. Kam es dann doch einmal nach zähem Wühlen durch die Fortuna-Defensive zum Torschuß, hielt Jörg Schmadtke im Düsseldorfer Tor einfach alles. Allein Andreas Thom konnte mit einigen seiner Aktionen gefallen, war aber mit der universalen Aufgabe, das Spiel zu sortieren und nebenbei auch noch Tore zu schießen, überfordert.

Da sich die 10.000 Zuschauer im Rheinstadion also nicht am Spiel des Favoriten delektieren konnten, sahen die Profis der Düsseldorfer Fortuna ihr Stündlein schlagen. Mit gekonnten Kapriolen bei katastrophaler Raumaufteilung und abgrundtief schlechter Ballbeherrschung setzten sie der Bayer-Elf und den Lachmuskeln der Beobachter ein ums anderemal auf das Heftigste zu: Uwe Rahn versuchte in Erinnerung an alte Zeiten einen spektakulären Fallrückzieher in des Gegners Strafraum, als der Ball ihn längst passiert hatte. Michael Büskens rutschte aus, um unbedrängt einen Querpaß seines Mannschaftskameraden Martin Spanring in Grasnabenhöhe per Kopf weiterzuleiten. Christian Schreier sah seinen Vollspannschuß wohl schon im Leverkusener Gehäuse zappeln, als ihn ein stechender Schmerz im rechten Fuß darauf aufmerksam machte, daß er statt Ball nur das Erdreich getroffen hatte. Und wem das alles noch nicht zur Freude gereichte, der befriedigte sein ästhetisches Empfinden an einer Bahnschranke namens Sven Demandt oder der grazilen Verzögerung des Antritts bei Anthony Baffoe.

Aus Spaß, so sagt man gemeinhin, wird irgendwann auch einmal Ernst. Nicht so aber in diesem Spiel. Denn der Ernst, der 43 Sekunden nach Seitenwechsel in Form der Düsseldorfer 1:0-Führung stattfand, entpuppte sich schnell als kleiner Witz. Leverkusens Libero Franco Foda vergaß, daß Bahnschranken nur schwer zu verbiegen sind, als er sich im eigenen Strafraum ein Preßschlag-Duell mit Sven Demandt gönnte. Diesem fiel der Ball erneut auf den Fuß, segelte von dort in Kopfhöhe Richtung Tor, Uwe Rahn ließ das Leder großzügig an seiner Stirn vorbeigleiten und der unglückliche Jupp Nehl lenkte den Ball ins eigene Tor.

Karneval am Samstag nach Aschermittwoch ist auch im Rheinland eine Seltenheit, doch der Kater nach dieser rheinischen Fußballpartie ist heftiger als so mancher in der Woche davor. Leverkusen ist vorerst nur noch UEFA-Cup-Anwärter, und die Düsseldorfer Fortuna steht immer noch auf dem letzten Platz der Tabelle.

Leverkusen: Vollborn - Foda - Wörns, Kree - Fischer, Jorginho, Nehl (63. Lesniak), Lupescu, Stammann (80. Herrlich) - Thom, Kirsten

Zuschauer: 10.000; Tore: 1:0 Nehl (46. Eigentor), 1:1 Kree (89.)

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