: Experten können Streit um Tegel nicht schlichten
■ Nach Anhörung fühlen sich CDU für, SPD gegen den Ausbau von Tegel bestätigt/ Verschiedene Prognosen zum Flugverkehr
Berlin. Der Streit zwischen SPD und CDU um den Ausbau des Flughafens Tegel geht weiter. Von der gestrigen Anhörung einer Expertenrunde im Haupt- und Verkehrsausschuß fühlen sich beide Parteien bestätigt: Die CDU ist weiter für und die SPD gegen die Erhöhung der jetzigen Abfertigungskapazität von sechs auf neun Millionen Passagiere im Jahr.
Rainer Giesel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, hält ein »Interimsterminal« in Tegel für notwendig, weil es »utopisch« sei, daß Schönefeld bis Mitte der neunziger Jahre entsprechend ausgebaut werden könnte. Das liege zum einen an dem »Generalausbauplan«, der noch nicht fertig sei, zum anderen am Planfeststellungsverfahren, das Zeit koste. Die Kapazitäten Tegels könnte man dagegen ohne Planfeststellung erweitern. Wer auf den Ausbau verzichte, nehme mehrjährige Engpässe im Flugverkehr in Kauf.
Ditmar Staffelt, Fraktionsvorsitzender der SPD, betonte dagegen, daß mehrere Teilnehmer der Expertenrunde den Ausbau Tegels nicht für notwendig gehalten hätten. Die Politik müsse überlegen, wie man mögliche Probleme beim Ausbau Schönefelds beseitigen könne.
Die geladenen Vertreter des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Handelskammer, des Max-Planck-Instituts und anderen Institutionen waren sich im wesentlichen einig, daß der Flugverkehr in Berlin im Jahr 2010 auf bis zu 35 Millionen Passagiere steigen werde. Nur ein von der Fraktion Bündnis 90/Grüne in die Diskussion gebrachtes Gutachten geht von einer Reduzierung des Luftverkehrs um die Hälfte aus. Denn Kurzstreckenflüge würden auf die Schiene verlagert, die Mehrwertsteuer erhöht und die Mineralölsteuer auch auf Flugbenzin erhoben. Das Gutachten traf weder bei Experten noch Politikern auf Interesse.
Dieter Wilken (DLR) vertrat dagegen die prognostizierte Verdreifachung des Passagieraufkommens bis 2010. Tegel brauche dennoch nicht ausgebaut werden. Wenn Tegel voll sei, müßten die restlichen Fluggesellschaften vom Stadtrand-Flughafen starten. Zusätzlich seien Maßnahmen dringend, die den Flugverkehr nach Schönefeld umlenken. Das bisherige Investitionstempo in Schönefeld wertete Wilken als katastrophal. Im Gegensatz zum DLR halten die Vertreter der Handelskammer und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen einen Ausbau Tegels für zwingend. Die Lufthansa war von der Anhörung kurzfristig ausgeschlossen worden. Vorstandsmitglied Adrian Dörnberg bezeichnete das als Skandal.
Michaele Schreyer (Bündnis 90/ Grüne) zog nach der Anhörung das Fazit, daß es keine verläßlichen Prognosen gebe. Die bisherigen Vorausberechnungen seien »Pi mal Daumen« gemacht und nicht einmal speziell für Berlin erarbeitet. diak
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