Erst abschalten, dann neu planen!

■ betr.: "Nukem will Atommüll in der CSFR zwischenlagern", taz vom 9.3.92

betr.: „Nukem will Atommüll in der CSFR zwischenlagern“, taz vom 9.3.92, Seite 4

Hessens Umweltminister Joschka Fischer mahnt also an, das Augenmerk mehr auf die „gesicherte Endlagerung“ zu richten. Auch die schärfsten Atomkraftgegner kämen daran nicht vorbei.

Dies hätte die Atomwirtschaft gern: Sie machen den Dreck, und Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung zerbrechen sich den Kopf darüber, wo er denn bleibt. Die Rolle des Müllkutschers mag Herrn Fischer auf den Leib geschnitten sein: Schon in Sachen Haus- und Sonderabfall hat er sich statt der Industrie schlaflose Nächte beschert, nicht aber um die herrschende Produktionsweise. Nun also auch in Sachen Atommüll.

Es sollte auch dem Hessischen Umweltminister nicht verborgen geblieben sein, daß eine „gesicherte Endlagerung“, also eine Lagerung, die den Atommüll für zehntausende von Jahren sicher aus der Biosphäre fernhält, weltweit nicht existiert. Diese unreflektierte Übernahme der Begriffsschöpfung der Atomlobby durch Fischer mutet seltsam an und kann für die Anti-AKW-Bewegung nur kontraproduktiv wirken. Sie lenkt ab von zentralen Punkten der Auseinandersetzung.

Natürlich wird sich die Anti- AKW-Bewegung eines Tages mit dem Atommüll beschäftigen müssen. Es ist aber jetzt schon absehbar, daß eine „gesicherte Endlagerung“ auch in Zukunft nicht realisierbar ist. Der Atommüll muß deshalb in jederzeit zugänglichen Lagern abgestellt, bewacht und alle paar Jahrzehnte „umgetopft“ werden, wenn die alten Behälter bröseln. Hierbei wird die strahlende Hinterlassenschaft natürlich immer weiteren Atommüll erzeugen. Wer dies alles weiß, kann nur sagen: Sofort aufhören mit der tagtäglichen Neuproduktion von Atommüll. Dies muß das Handlungsfeld der Atomkraftgegnerinnen sein. Wir sagen deshalb: Sofort abschalten, dann neu planen! Wolfgang Kühr, Sprecher des Projektbereichs Radikalökologie der Ökologischen Linken/

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