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Größte UNO-Mission beginnt in Kamboscha

Phnom Penh (ap/dpa/taz) — Am Wochenende hat „die größte, schwierigste, ehrgeizigste und — es tut mir leid — auch die teuerste Operation in der 47jährigen Geschichte der Vereinten Nationen“ begonnen, sagte Yasushi Akashi am Sonntag bei seiner Ankunft in Kambodscha. Der japanische Diplomat leitet die UNO- Übergangsverwaltung (UNTAC), die die Umsetzung des im vergangenen Oktober vereinbarten Friedensabkommens ermöglichen soll. Seine Aufgabe ist es, „zwei Jahrzehnte Krieg und Leid“ zu beenden.

Die ersten der insgesamt 22.000 Personen umfassenden Friedenstruppe, der Soldaten, Polizisten, Verwaltungsfachleute und Diplomaten angehören, waren bereits in den vergangenen Tagen eingetroffen. Nach Angaben des militärischen Kommandeurs der UNO-Truppen, des Australiers John Sanderson, ist eine Gruppe von malaysischen Soldaten am Sonntag in Kambodscha angekommen. Sie ergänzten die 850 indonesischen Soldaten, die sich bereits im Lande befanden. Die Kosten für die UNO-Mission werden auf drei Milliarden Dollar veranschlagt. Bis zum 20. Mai sollen alle Blauhelme in Kambodscha stationiert sein. Die UN-Truppen sollen die Entwaffnung von über 250.000 Soldaten der vier Bürgerkriegsfraktionen überwachen und bei der Rückführung von 350.000 Flüchtlingen helfen. Voraussetzung ist auch die Beseitigung der Millionen von Minen, die im Lande verstreut liegen und täglich neue Opfer fordern. Die erste Gruppe von Flüchtlingen aus Thailand soll Anfang April zurückkehren. Bis zu freien Wahlen im kommenden Jahr übernehmen die UNO-Vertreter die Aufsicht über die fünf wichtigsten Ministerien.

Wie schwierig die Aufgabe Yasushi Akashis werden wird, deutete sich erneut an, als er am Montag zum ersten Mal an einer Sitzung des Obersten Nationalrates teilnahm. In diesem Gremium sind die vier Bürgerkriegsfraktionen vertreten. Unter Vorsitz von Prinz Norodom Sihanouk sollen die Vertreter der Regierung Hun Sen, der Roten Khmer, der Sihanoukisten und der Gruppierung des ehemaligen Ministerpräsidenten Son Sann den Friedensprozeß voranbringen. Doch zu der Sitzung erschienen Berichten der BBC zufolge weder Khieu Samphan, der Chef der Roten Khmer, noch der Führer der Sihanoukisten, Prinz Ranaridh. Akashi drückte denn auch seine Enttäuschung über die Unfähigkeit des Nationalrates aus, zu einer effektiven Arbeit zu kommen. Prinz Sihanouk seinerseits beklagte die große Schwierigkeit, mit den Roten Khmer zusammenzuarbeiten, die sich an keine Absprachen hielten.

Bei einem ersten Treffen zwischen Sihanouk und Akashi am Sonntag hatten beide die jüngsten Verletzungen des Waffenstillstandes der Roten Khmer verurteilt. Diese hatten in der vergangenen Woche im Norden des Landes eine neue Offensive begonnen. Akashi sagte, er hoffe, daß dies nur ein Versuch gewesen sei, die Positionen vor der Stationierung der UNO-Truppen noch einmal zu verbessern. Aber er fügte hinzu: „Sollte sich das wiederholen, ich bin sicher, daß der Sicherheitsrat bereit ist, das Pariser Abkommen zu verteidigen.“ Und Sihanouk sagte: „Während wir versuchen, das Land wieder aufzubauen, sprengen sie Brücken in die Luft.“

Die Mission der UNO geht auf das im Oktober letzten Jahres in Paris vereinbarte Friedensabkommen zurück, das mit Hilfe der fünf Ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats — USA, Großbritannien, Frankreich, UdSSR und China — ausgearbeitet worden war. Der im Herbst 1989 erfolgte Abzug der vietnamesischen Truppen aus Kambodscha hatte den Weg für Friedensverhandlungen zwischen dem damals provietnamesischen Regime in Phnom Penh und den drei Fraktionen der Rebellen geebnet. li

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