: „Ich bejahe, indem ich verneine“
■ Kirchenkritiker Drewermann läßt Priesteramt ruhen/ Nicht er habe den Priesterrock ausgezogen — der sei von seinem Bischof zerrissen worden/ Vorwürfe gegen die Amtskirche vor der Bonner Presse
Bonn (dpa/taz) — Der katholische Theologe und Kirchenkritiker Eugen Drewermann ist ungeduldig. Nun will er bis zur Rücknahme des gegen ihn verhängten bischöflichen Lehr- und Predigtverbots freiwillig sein Priesteramt nicht mehr ausüben. Der Erzbischof von Paderborn habe ihn durch die „Strafdekrete“ vor eine Wahl gestellt, „die ich von mir aus so nie für nötig gehalten habe“, nämlich sich zwischen der Amtskirche und den Menschen entscheiden zu müssen, sagte Drewermann am Montag vor Journalisten in Bonn.
Allerdings will der Dissident nicht darauf verzichten, weiterhin „unabhängig von allen Drohungen“ das Evangelium zu verkünden. Ein Priesteramt allerdings, das durch das bischöfliche Predigtverbot „auf einen reinen Sakramentalismus reduziert wird“, lehne er ab. „Ich bejahe diese Kirche, indem ich sie so, wie ich sie vorfinde, verneine“, meinte Drewermann, der die Auseinandersetzung mit seinem Paderborner Bischof fast nur noch über die Medien führt.
Für eine „fundamentalistische Verblendung“ in der Amtskirche halte er es, wenn die Symbolsprache der biblischen Aussagen als historische Fakten gedeutet würden. Dies habe der Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt in seinem am Montag erschienenen 'Spiegel‘-Interview erneut getan. Und damit „drückt man die Kirche herab“, kritisierte Drewermann. Ein „Sprachrohr solcher Bischöfe“ könne und wolle er nicht mehr sein. Von jetzt an fühle er sich dem Erzbischof „nicht mehr wesentlich verpflichtet“. Dies, so der Theologe und Psychotherapeut, sei seine Antwort auf die Frage nach der „Treue zum Bischof“ und der „Treue zu den Menschen“, die bei vielen Kernproblemen von der Amtskirche im Stich gelassen würden. Ganz nebenbei nutzte Drewermann den Bonner Auftritt zur Präsentation einer neuen Veröffentlichung über das Matthäusevangelium.
Unterstützen ließ sich der Kirchenkritiker vor der Presse von seinem Berater, Professor Peter Eicher, der betonte, nicht Drewermann habe den Priesterrock ausgezogen, sondern der Bischof habe ihn zerrissen. Seine Kirchensteuer möchte der umstrittene Theologe künftig für den Naturschutz und die katholische Hilfsaktion „Misereor“ verwendet wissen. Alles andere sehe er als schwere Veruntreuung an.
Die Einladung des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK) zum Katholikentag im Juni nach Karlsruhe wolle er im Prinzip annehmen, aber dort nicht an einer Diskussion teilnehmen, um „möglichst in einer halben Stunde“ zu beweisen, ob er katholisch sei oder nicht. Abschließend kündigte Drewermann sein nächstes Buch an: diesmal über den im 17. Jahrhundert in Rom als Ketzer verbrannten Gelehrten Giordano Bruno.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen