piwik no script img

Der Marsch der Elefanten

■ Bäume gerupft, Pfützen leer, Laternenpfähle heil / Ab heute: Zirkus Althoff

Wir dürfen bekannt machen: Kaunti, Wanamana, Patra, Buni, Deli und Bona aus Indien.

Hier soll doch Corti Althoff mit seinen Tigern, Elefanten und Akrobaten sein! Aber auf der Bürgerweide ist außer ein paar Zirkuswagen und einigen dunkelhäutigen Arbeitern, die langsam die Zeltplanen ausrollen, nichts zu sehen. „Was macht ihr denn hier?“ fragt uns da ein Mann, ein Zirkusfan, wie er uns erzählt. Seit 40 Jahren jedes Wochenende im Zirkus, auch wenn er manchmal weit dafür fahren muß. „Das ist eben mein Hobby.“ Ein Freund von ihm hat sogar einen eigenen kleinen Wanderzirkus. „Da helfe ich mit, beim Aufbau, bei der

hierhin bitte die

Elefanten

Tierdressur...“.

Wollte er denn nie mitmachen, richtig einsteigen in die Zirkuswelt? „Nein, nie. Ich habe ja meinen Beruf.“ Schade. Wir klopfen an einen der Zirkuswagen. Eine junge Frau kommt heraus. „Leider kommen die Elefanten erst am Nachmittag“, sagt sie.

Als wir am Güterbahnhof ankommen, sind sie gerade dabei, für die Fotografen im Kreis zu laufen, Männchen zu machen und

synchron mit den Rüsseln zu schwenken. Herr Corty Althoff persönlich ist dabei, außer ihm noch Hamid, ein Pfleger. „Faßt doch mal an!„ ruft er uns zu. Kautni, der Größte und auch der Anführer der sechs Elefanten will mir die Hand schütteln mit seinem Rüssel...Hamid aber faßt ihn am Stoßzahn und führt ihn in Richtung Bürgerweide. Die anderen fünf gehen relativ brav hinterher: Wanamana, die Elefantendame, rupft gelegentlich ein paar Äste von den Bäumen, ein anderer Kollege kann an keiner Pfütze vorbeigehen, ohne einen Schluck Dreckwasser zu nehmen. Kautni besteht darauf, immerzu mit zwei Beinen auf dem Bürgersteig und mit den anderen beiden auf der Straße zu gehen — die Laternenpfähle, die ihm dabei im Weg sind, sind Hamids größte Sorge. Plötzlich, kurz vorm Zirkusplatz, sind die Elefanten nicht mehr zu halten und rennen im Affenzahn auf ein paar Wassertonnen zu, die da extra für sie hingestellt worden sind.

„Kautni ist schon 52 Jahre alt“, erzählt uns Corty Althoff, „ein Jahr älter als ich; ich bin mit ihm großgeworden.“ Corty Althoff hat den Zirkus 1974 von seinem Vater Carl übernommen. Gerade kommen sie aus Minden, aus dem Winterquartier. Und jetzt geht es auf Tournee durch ganz Deutschland. „Wir sind ungefähr 30 Artisten, mit Pflegern und Helfern 80 Leute.“ sagt Althoff. Ein Familienbetrieb ist es nicht, aber er will vielleicht bald heiraten, damit jemand die Elefanten übernehmen kann. Kautni besprüht uns plötzlich mit Stroh (oder war es Wanamana?). „Malamala!“ ermahnt Althoff im sogenannten „Elefantenfidji-Englisch“. Das ist die internationale Elefantendressursprache, und bedeutet einfach „Friß!“ Susanne Epple

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen