: SPD und CDU entschärfen Polizeigesetz
■ Fraktionschefs vereinbaren überraschend Änderung am ASOG/ Maßnahmen gegen Unverdächtige, wie Observationen oder Lauschangriffe, werden erschwert/ Grüne: »Verarschung des Parlaments«
Berlin. Im Streit um das neue Polizeigesetz lenken die Koalitionsfraktionen CDU und SPD in einigen Punkten nun doch noch ein. Überraschend verständigten sich die beiden Fraktionschefs Klaus Landowsky (CDU) und Ditmar Staffelt (SPD) gestern vormittag darauf, den umstrittenen Gesetzentwurf an mehreren Stellen zu entschärfen. Es bleibe aber dabei, daß das neue ASOG in acht Tagen, am 26. März, vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden solle, sagte Landowsky zur taz.
Auf die Änderungen hatte Staffelt gedrungen, nachdem neben zahlreichen anderen Experten auch zwei prominente Sozialdemokraten, der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka und Justizsenatorin Jutta Limbach, den ASOG-Entwurf scharf kritisiert hatten. Nach der Vereinbarung, die die beiden Fraktionschefs gestern trafen, soll der Polizei nun vor allem der Zugriff auf unverdächtige Personen erschwert werden. Über diese sogenannten »anderen Personen« sollen verdeckte Ermittler überhaupt keine personenbezogenen Daten erheben dürfen. Dies sei ein »Hauptanliegen« der SPD gewesen, hieß es. Auch andere Maßnahmen gegen Unverdächtige — erkennungsdienstliche Behandlung, Observationen oder Lauschangriffe — wollen Staffelt und Landowsky erschweren. Hier sollen jetzt »Tatsachen die Annahme rechtfertigen«, daß die Unverdächtigen mit verdächtigen Personen »in einer Weise in Verbindung stehen, die erwarten läßt, daß die Maßnahme zur vorbeugenden Bekämpfung der Straftaten beitragen würde«. Darüber hinaus soll das Gesetz verlangen, daß »die Maßnahme schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht in unangemessener Weise beeinträchtigt«.
Eine andere umstrittene Regelung soll ebenfalls entschärft werden. Drohende Ordnungswidrigkeiten darf die Polizei nur noch dann als Begründung für vorbeugende Maßnahmen heranziehen, wenn es sich bei diesen Ordnungswidrigkeiten um umweltschädigende Taten oder »gemeinschaftswidrige Wirtschaftsformen«, wie Schwarzarbeit, handelt.
Während CDU-Fraktionschef Landowsky sich zuversichtlich äußerte, daß seine Fraktion die Änderungen billigen werde, wollte der innenpolitische Sprecher der Christdemokraten, Dieter Hapel, noch keine Zustimmung versprechen. Zuvor müsse der zuständige Arbeitskreis beraten. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sah Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne) den Koalitionskompromiß. Die Änderungen seien »Teilerfolge« für die Opposition. Als »Unverschämtheit, Frechheit« und »Verarschung des Parlaments« bezeichnete der grüne Abgeordnete dagegen das von den Fraktionschefs gewählte Verfahren, die Gesetzesänderungen im Chefgespräch hinter verschlossenen Türen und kurz vor der geplanten Verabschiedung zu beschließen. »Wir diskutieren wochenlang im Ausschuß, aber entschieden wird ganz woanders«, grollte Wieland. Der Koalitionsplan, den Gesetzestext bis Freitag im Ausschuß abschließend zu überarbeiten und ihn dann am nächsten Donnerstag im Abgeordnetenhaus zu verabschieden, sei »unzumutbar«. »Das«, so drohte der Abgeordnete, »lassen wir uns nicht gefallen.« hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen