: Gauck-Behörde: IMs wußten um ihr Tun
■ Gauck-Behörde schließt erneut unwissentliche Stasi-Mitarbeit von Inoffiziellen Mitarbeitern aus
Berlin/Potsdam (dpa/taz) — Die Gauck-Behörde hat erneut erklärt, daß es „fast unmöglich“ war, als Informeller Mitarbeiter (IM) der Stasi ohne eigenes Wissen in den Akten geführt zu werden. Nach bisherigen Recherchen sei in „99,9 Prozent der Fälle“ bei IM-Akten eine schriftliche Verpflichtungserklärung gefunden worden, sagte Behördensprecher David Gill am Donnerstag in Potsdam.
Sowohl IM- als auch Opferakten seien auf „Glaubwürdigkeit kontrollierte Arbeitsinstrumente der Stasi“ gewesen. „Es wäre tödlich gewesen, Akten zu erfinden“, so Gill. Bisher seien in der Behörde nur zwei Fälle bekannt geworden, in denen Menschen „aus Blauäugigkeit“ Stasi- Kontakte hatten. Die Behörde recherchiere auch zum Fall des brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) weiter.
Gill wies jüngste Vorwürfe des Brandenburger CDU-Fraktionschefs Peter-Michael Diestel gegen Behörden-Chef Joachim Gauck zurück und unterstrich das „parteienübergreifende Ansehen“ Gaucks. Diestel hatte der Gauck-Behörde „Hexenjagd auf IMs“ vorgeworfen und behauptet, Gauck wäre als „gelernter Pfarrer“ überfordert. Diestel habe bei der Stasi-Auflösung als letzter DDR-Innenminister „keine rühmliche Rolle“ gespielt, so Gill. Diestel habe sich lieber Ex-Spionage-Chef Markus Wolf als Berater geholt als mit Bürgerrechtlern zusammenzuarbeiten, sagte der Sprecher.
Die CDU plant derzeit kein Parteiausschlußverfahren gegen ihren brandenburgischen Fraktionsvorsitzenden Peter-Michael Diestel, der ehemalige Stasi-Mitarbeiter in Schutz genommen hatte. Ein Sprecher der Bundes-CDU meinte am Donnerstag in Bonn auf Anfrage: „Wenn Diestel in der Vergangenheit wegen jeder unüberlegten und falschen Äußerung hätte aus der Partei ausgeschlossen werden sollen, dann wäre er längst nicht mehr Mitglied der CDU.“
Einen Ausschluß Diestels aus der CDU forderte dagegen das Vorstandsmitglied der Jungen Union, Michael Hahn. Nach seiner Ansicht hat Diestel mit seinen „undifferenzierten Äußerungen“ gerade denjenigen unter die Gürtellinie geschlagen, „die das System in der ehemaligen DDR und seine unterdrückerische Allmacht als unerträgliche Last“ erlebt hätten. Deshalb dürfe Diestel keinen Platz in der CDU haben.
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