Sause-Krause will den Bürgern das Auto nicht ausreden

■ Regierungserklärung zur Verkehrspolitik nimmt die weitere Wucherung des Autoverkehrs als schicksalsgegeben an/ Krauses Bekenntnis zur Natur bleibt ohne Konsequenz

Selbst für Dionys Jobst (CSU), einen, der als Lobbyist des Autos alt geworden ist, wird langsam das Ende der Fahnenstange erkennbar: „Wir sind heute an Grenzen angelangt beim Verkehr.“ Der Abgeordnete ist Vorsitzender des Bundestagsverkehrsausschusses.

Der oberste Verkehrspolitiker der Republik, Minister Günther Krause, scheint allerdings noch nicht einmal auf der Höhe der zitierten Erkenntnis zu sein. Seine Regierungserklärung zur „Deutschen Verkehrspolitik im zusammenwachsenden Europa“, die gestern im Bundestag debattiert wurde, verbreitete beim zuhörenden Publikum unverdiente Langeweile, denn eigentlich müßte der Inhalt des einschläfernden Ministervortrags Angst und Schrecken auslösen.

Das Eingangsmotto des Verkehrsministers, Mobilität müsse künftig umweltgerecht gesichert werden und der Transport von Menschen und Gütern dürfe nicht zu Lasten der Natur gehen, ist ehrenwert und vor allem: leicht gesagt. Was getan werden soll und welche Ziele sich die deutsche Verkehrspolitik bis zum Jahr 2010 setzt, dazu lautet das Fazit schlicht: Krause will die Verkehrswege erheblich ausbauen. Das ungebrochene Verkehrswachstum, so Klaus-Dieter Feige vom Bündnis 90/Die Grünen, „wird gottgewollt hingenommen, und der Verkehrsminister sieht seine Aufgabe darin, diesen Strom besonders auf den Straßen durchgängiger und flüssiger zu machen.“

Günther Krauses Verkehrsprognosen sind tatsächlich ein Schreckenskabinett: 45 Millionen PKWs (jetzt 36 Mio) im Jahr 2010, denn: „Niemand wird unseren Bürgern das Auto ausreden können.“ Das Güterverkehrsaufkommen wird sich auf der Straße fast verdoppeln, auf den Schienen um 55 Prozent und auf den Wasserwegen um 84 Prozent steigen. Für den Minister sind diese Daten keineswegs Anlaß, darüber nachzudenken, ob und wie diese Entwicklung verhindert werden kann. Seine vier Eckpunkte: die Bahnreform, die Beschleunigung der Verkehrsplanung, weitere Privatisierung und Angleichung der Marktbedingungen in Europa.

Als „Karikatur“ einer Regierungserklärung bezeichnete der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Klaus Daubertshäuser, Krauses Rede. Sie beinhaltet keine „Trendwende“, wie die Sozialdemokraten verlangen, und sogar der Vorrang des Schienenverkehrs ist in diesem Wachstumsmodell ein Etikettenschwindel: 8,1 Milliarden Mark will die Regierung für die Fernstraßen, 3,85 Milliarden dagegen nur für den gesamten Schienenausbau und -neubau ausgeben. Daubertshäusers Kommentar: „Wer Straßen sät, wird CO2 ernten.“

Das „Umdenken zur Verkehrsvermeidung“, das Klaus-Dieter Feige von Krause forderte, ist dem Minister durchaus fremd. Umweltpolitik fällt für ihn in ein anderes Ressort, dessen Ziele vielleicht nachgeplappert, aber nicht verwirklicht werden müssen. Wie die 25- bis 30prozentige CO2- Einsparung, die die Bundesregierung als ehrgeiziges Ziel formuliert hat, bei der Verkehrsentwicklung realisiert werden soll, an der sich Krauses Pläne orientieren, ist eindeutig vorhersehbar: überhaupt nicht.

Am Ende seiner Regierungserklärung summierte Krause, was seine Verkehrspolitik insgesamt will. Wohlstand für die Bürger, Schutz für die Natur, den Ausbau des Wirtschaftsstandorts Deutschland, kurzum: Krause will alles. Aber eben das geht nicht mehr. Günther Krause ist nur Maulheld, wenn er von Umwelt und Zukunft spricht. Tissy Bruns